Zum Inhalt springen

Krieg in Afrika Kongo-Kinshasa: Ein Schritt in Richtung Frieden?

Die Regierung und die Miliz M23 führen Friedensgespräche. Ein schnelles Ende des Konflikts ist aber nicht in Sicht.

Darum geht es: Im Osten Kongo-Kinshasas tobt seit Jahrzehnten ein blutiger Konflikt, dem mehrere Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Es ist ein vielschichtiger Konflikt, der sich um ethnische Fragen, Bodenschätze und die Interessen etlicher Nachbarländer – darunter vor allem Ruanda – dreht. Nun haben sich Vertreter der beiden Kriegsparteien – die Regierung von Kongo-Kinshasa und die Miliz M23 – in Doha bei Friedensgesprächen zu einer sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten bekannt. Ruanda allerdings war nicht an den Gesprächen beteiligt.

Seit mehr als 30 Jahren Krieg

Box aufklappen Box zuklappen

Der aktuelle Konflikt im Ostkongo geht auf den Genozid im Nachbarland Ruanda zurück. Dort wurden 1994 bis zu 1.5 Millionen Angehörige der Volksgruppe Tutsi von solchen der Hutus getötet. Hunderttausende Tutsi flohen in den Ostkongo – doch unter den Flüchtlingen waren auch Angehörige der Völkermörder Hutu, die in den Flüchtlingslagern rasch die Kontrolle übernahmen.

Dies wiederum veranlasste die neue ruandische Tutsi-Regierung unter dem immer noch regierenden Präsidenten Paul Kagame, die Hutu im Kongo zu verfolgen. 1997 stürzte eine von Ruanda und Uganda unterstützte Militärkoalition sodann den kongolesischen Langzeitpräsidenten Mobutu. Sie warf ihm vor, Rebellen Schutz zu bieten. Es folgten Kriegsjahre mit zahllosen schweren Menschenrechtsverbrechen auf kongolesischem Territorium.

«Afrikanischer Weltkrieg»

Die von Ruanda und Uganda unter dem Deckmantel des Kampfes gegen kongolesische Rebellengruppen angefachten und bis 2003 dauernden Kriege involvierten zahlreiche afrikanische Staaten als Konfliktparteien. Der Zweite Kongokrieg wird daher auch als «Afrikanischer Weltkrieg» bezeichnet. Dem dicht besiedelten Ruanda ging es dabei nicht nur um die Sicherung der eigenen Grenzen, sondern auch um den Ausbau seines politischen und wirtschaftlichen Einflusses in der Region der Grossen Seen.

Auch ein Krieg um Rohstoffe

Von herausragender Bedeutung nicht nur für Ruanda, sondern auch für die Weltwirtschaft sowie die globale Energie- und Mobilitätswende sind die immensen Rohstoffvorkommen im Kongo. Viele Rohstoffe, die primär in der Elektronikindustrie benötigt werden, finden sich im Osten des riesigen Landes.

Durch den Schmuggel der oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebauten Mineralien Zinn, Wolfram, Coltan, Gold und Diamanten wird der Konflikt befeuert. Bewaffnete Gruppen kontrollieren Abbaugebiete und Schmuggelrouten. Insbesondere Gold und Coltan werden über die Grenze nach Ruanda (und Uganda) transportiert und von dort als «konfliktfreier» Rohstoff weiterverkauft. (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung)

Die aktuelle Lage: Die M23-Miliz (auch: «Bewegung 23. März») herrscht seit Anfang Jahr über alle wichtigen Städte und Gebiete im Ostkongo. Dabei wirft die Regierung in Kinshasa dem Nachbarland Ruanda vor, die M23-Miliz zu unterstützen – was auch internationale Beobachter so sehen. Ruanda allerdings bestreitet dies. Im Fokus steht derzeit vor allem die Stadt Walikale, in deren Region es grosse Vorkommen von Coltan und Zinn gibt. Sie wurde kürzlich von den Rebellen der M23 eingenommen, welche sich aber kurz vor den Doha-Gesprächen wieder aus der Stadt zurückzogen.

Vorerst kein Frieden: «Der Weg zu einem nachhaltigen Frieden ist noch weit – zu verhärtet sind die Fronten in dem Krieg», sagt SRF-Afrikakorrespondentin Sarah Fluck. So sei keiner der zahlreichen Verhandlungsversuche in der Vergangenheit erfolgreich gewesen. Immerhin: Erstmals überhaupt zeige sich die Regierung in Kinshasa bereit, direkt mit Vertretern der M23 zu sprechen. «Das ist sicher ein guter Anfang – aber eben noch kein Durchbruch für einen dauerhaften Frieden», so Fluck. Und: Für einen dauerhaften Frieden müsse auch Ruanda in Verhandlungen miteinbezogen werden.

Für die Menschen vor Ort hat sich noch rein gar nichts geändert. Ihre Lage ist katastrophal.
Autor: Sarah Fluck Afrika-Korrespondentin von Radio SRF

So könnte es weitergehen: Ein erster Test für das Bekenntnis aus Doha sei nun, ob der Rückzug der M23 aus Walikale Bestand habe, so Fluck. Ausserdem gebe es viele Gefangene, welchen die Regierung eine Nähe zur M23 vorwirft und deren Freilassung Letztere fordert. Die Gefangenenfrage habe die Verhandlungen in Doha denn auch beinahe zum Platzen gebracht. Und: Auch wenn auf diplomatischer Ebene miteinander gesprochen werde: «Für die Menschen vor Ort hat sich noch rein gar nichts geändert. Ihre Lage ist katastrophal», sagt Fluck, die kürzlich im Ostkongo war.

SRF 4 News aktuell, 24.4.2025, 11:20 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel