«Bevorzugen Sie den Frieden oder eine funktionierende Klimaanlage?» Das hat Mario Draghi, der italienische Premierminister, Anfang April an einer Medienkonferenz in Rom gefragt anlässlich der Debatte über ein Gas-Embargo in Italien.
Im «Club» haben Politikerinnen, Wirtschaftsexperten und der Philosoph Francis Cheneval die Frage diskutiert, was Verzicht gegen den Krieg in der Ukraine ausrichten kann.
Francis Cheneval ist überzeugt, dass von uns allen erwartet werden kann, auf etwas zu verzichten, «und zwar auch von Menschen, die weniger Geld in der Tasche haben».
Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) pflichtet bei: «Nicht weit von uns sterben Frauen und Kinder. Dass wir hier bei uns auch unseren Beitrag leisten, indem wir zum Beispiel 1 oder 2 Grad weniger heizen im Winter oder die Klimaanlage mal nicht anmachen, kann man verlangen, respektive diskutieren.» Denn mit der Abhängigkeit von russischem Gas finanzierten wir diesen Krieg mit, sagt Graf.
Herr Rösti, worauf verzichten Sie?
Doch wenn es darum geht, worauf die Gesprächsrunde selbst verzichten könnte, werden die Antworten weniger konkret: «Das ist eine gute Frage», sagt Nationalrat Albert Rösti (SVP/BE). «Worauf verzichte ich? Ich glaube, wir leben in einem schönen, aber bescheidenen Haus mit nicht allzu grosser Fläche. Man könnte anders leben, wenn man möchte. Aber sonst gebe ich zu: Wir haben sicher ein gutes Leben, wo man weniger machen könnte.»
Womöglich werden wir alle bald lernen müssen, zu verzichten. Denn Sanktionen, die Russland wirklich weh tun, wird auch die Schweiz zu spüren bekommen. Ein Öl- und Gas-Embargo der EU wird immer wahrscheinlicher. Dabei stammt fast die Hälfte der Schweizer Gasimporte aus Russland.
Verzicht nütze jedoch nichts, denn durch Sanktionen allein werde der Krieg nicht beendet, erklärt Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann. In diesem Punkt seien die Forschungsergebnisse eindeutig. «Wenn dem so wäre, wäre ich sofort dafür, nichts mehr zu kaufen», sagt Straumann.
Verzichten oder sparen?
Reto Lipp, Wirtschaftsexperte SRF und Ökonom, erinnert an die Zeit von Bundesrat Adolf Ogi. Als Energieminister sei dieser mit Eierkochern umhergereist und habe nicht auf Verzicht, sondern auf Sparsamkeit eingeschworen. «Aber das ist kein Thema mehr in der politischen Diskussion», sagt Lipp.
Doch es scheint, als wolle die Bevölkerung der Schweiz weder sparen noch verzichten. Dazu müsse man sich nur die Flughäfen ansehen, jetzt, wo die Covid-Pandemie vorbei zu sein scheint. «Die Leute reisen wie zuvor und sind gleich mobil wie zuvor. Auf der Strasse hat es eher mehr Autos und der Fleischkonsum nimmt zu», sagt Nationalrat Albert Rösti.
Auf der Strasse hat es eher mehr Autos und der Fleischkonsum nimmt zu.
Klar ist: Durch den Krieg in der Ukraine verteuert sich das Leben vielerorts. Wie wir dieser Tatsache begegnen, wird sich noch zeigen. Für Preisüberwacher Stefan Meierhans steht aber fest, dass es den Schweizerinnen und Schweizern nach wie vor vergleichsweise gut geht: «Bei 2.5 Prozent Inflation ist es noch nicht der Moment, zu sagen, dass wir ums nackte Überleben kämpfen müssen. Vor allem, weil das zynisch wäre, wenn man an die Leute denkt, die im Süden wohnen oder die in der Ukraine sind. Es wäre zynisch, das in diesem Sinne zu vergleichen.»