Wladimir Putin sei für den Westen nach der Invasion der Ukraine zu einem Paria geworden, mit dem man nichts mehr zu tun haben wolle, sagt Auslandredaktor David Nauer, der die Entwicklungen für SRF beobachtet. «Aber Länder wie der Iran, die selber schlechte Beziehungen haben zu Europa, zu den USA, sehen das natürlich anders. Man könnte also sagen, Putin reist dahin, wo man ihn überhaupt noch empfängt.»
Das heisst, Putin mache dort Aussenpolitik, wo er dies noch könne. «Bei den Leuten, die den gleichen Gegner haben wie er, eben den Westen», so Nauer. Aber es gibt noch mehr Gründe für die Reise, etwa gemeinsame wirtschaftliche Interessen. Die Rede ist davon, dass Moskau Öl über das Kaspische Meer und den Iran auf einer neuen Route nach Asien exportieren möchte, vor allem nach Indien. Möglicherweise gehe es auch um Waffengeschäfte: Russland interessiert sich für iranische Drohnen.
Bewunderung in Moskau für Mullahs
Der Iran ist sich den Umgang mit harten westlichen Sanktionen seit Jahrzehnten gewöhnt. Für Moskau sind Sanktionen im Umfang, wie sie seit dem Ukraine-Krieg gelten, neu. So hört man, es gehe Russland auch darum, vom Iran in dieser Hinsicht zu lernen. «Es ist tatsächlich so, dass die Russen in den Iranern quasi ‹Leidensbrüder› sehen», bestätigt Nauer.
Man spreche das in Moskau auch offen aus: «Offizielle Stimmen sprechen mit einer gewissen Bewunderung vom Iran. Der Iran komme ja so gut zu Gange mit den Sanktionen. Und vielleicht haben die Mullahs ja dann tatsächlich den einen oder anderen Tipp, wie man Sanktionen umgeht.»
Der gemeinsame Feind im Westen bringt Russland und den Iran also näher zusammen. Es gibt aber auch einiges, was die Länder trennt. «Tatsächlich ist das russisch-iranische Verhältnis auch getrübt», erklärt der ehemalige Moskau-Korrespondent. «Unterschiedliche Einschätzungen im Verhältnis zu Israel zu Beispiel.» Ein grosses Problem sei auch, dass beide Länder das gleiche Exportprodukt haben: Öl.
Seit dem Angriff auf die Ukraine drängen die Russen in diesen Markt, wo sich sanktionierte Petrostaaten einen kleinen Kuchen teilen müssen.
Dieses Öl können sie wegen der westlichen Sanktionen nur noch an wenige Länder und erst noch nur mit einem Rabatt verkaufen. «Und seit dem Angriff auf die Ukraine drängen die Russen in diesen Markt, wo sich sanktionierte Petrostaaten einen kleinen Kuchen teilen müssen.»
Dass sich Putin mit Irans Präsident und mit dem türkischen Staatschef treffe, sei dennoch ein grosser Erfolg für Moskau – zumindest symbolisch, sagt Nauer. «Die Russen reden seit Jahren von einer multipolaren Welt. Sie wollen die Vorherrschaft des Westens, vor allem der USA brechen.»
Das Treffen in Teheran zeige, dass die Welt inzwischen tatsächlich mehrere Machtzentren habe. «Putin wird zwar schwer sanktioniert, aber Russland ist trotz aller westlichen Bemühungen nicht isoliert.»
«Iranisierung Russlands» schreitet voran
«Für Putin ist das sicher ein grosser Erfolg», bilanziert Nauer. Für die Menschen in Russland habe das jedoch einen hohen Preis. Ein kritischer russischer Experte sprach in dem Zusammenhang von einer «Iranisierung Russlands»: Russland sei von einem grossen Teil der Welt abgeschnitten, sagte er. Es verliere – wie der Iran – den Zugang zu westlicher Technologie und werde dadurch ärmer werden.