Nach den Worten von Präsidentenberater Michailo Podoljak ist der Krieg bereits in seiner dritten Phase: «In der ersten haben die Russen nach klassischem sowjetischen Muster versucht, die grossen Städte einzunehmen.» Ein Versuch, der gescheitert ist. Die Ukrainer haben die Invasoren bei Kiew, Charkiw und anderen Städten zurückgeschlagen.
Die zweite Phase des Krieges war laut Podoljak ein massiver Artilleriekrieg im Osten der Ukraine: «Hier hatten die Russen mit Dutzenden Millionen Artilleriegeschossen aus Sowjetbeständen eine Übermacht und konnten etwas vorankommen.» Er spricht die Eroberung zerstörten Städte Sewerodonezk und Lissitschansk an – eine bittere Niederlage für die Ukraine.
Neue Hoffnung dank westlicher Waffen
Nun aber hat sich das Blatt gewendet, wenn man Podoljak zuhört: «Jetzt erleben wir die dritte Phase des Krieges, denn wir haben westliche Raketenwerfer bekommen und können russische Munitionslager und Kommandoposten im Hinterland beschiessen.» Die Russen hätten Versorgungsprobleme und die ukrainischen Stellungen würden zehn- bis zwölfmal weniger beschossen.
Entsprechend selbstbewusst sind die Kriegsziele, die Podoljak formuliert: «Wenn wir den Krieg beenden wollen, müssen die international anerkannten Grenzen der Ukraine von 1991 wiederhergestellt werden.»
Die Ukraine will also nicht nur die neu besetzen Gebiete im Süden zurück, sondern auch den ganzen Donbass und die annektierte Halbinsel Krim. Ohne diese Rückgabe werde Russland sein inneres politisches System nicht ändern, erklärt Podoljak. Die russische Propaganda werde weiter revanchistische Meinungen verbreiten, und in ein bis zwei Jahren gehe der Krieg erneut los.
Wenn wir den Krieg beenden wollen, müssen die international anerkannten Grenzen der Ukraine von 1991 wiederhergestellt werden.
Podoljak zielt auch auf jene Stimmen im Westen, die der Ukraine einen «Kompromiss» mit Russland nahelegen, um den Krieg zu beenden. Die ukrainische Erfahrung mit der Krim-Annektion 2014 und der Besetzung von Teilen der Ostukraine sprechen dagegen. Acht Jahre später marschierten die Russen erneut in der Ukraine ein.
Wie weiter?
Viele in Kiew glauben deshalb, dass Russland mit Putin an der Macht nur die Sprache der militärischen Stärke versteht. Von Verhandlungen hält Podoljak zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend wenig: Denn Russland wolle mit Verhandlungen seine momentanen Eroberungen absichern, was inakzeptabel sei: «Verhandlungen müssen beide Seiten zufriedenstellen. Krieg dagegen endet anders – nämlich damit, dass jemand siegt und jemand eine Niederlage erleidet.»
Russland würde gerne Verhandlungen führen und so seine momentanen Eroberungen absichern. Das ist für uns nicht akzeptabel.
Für viele Westeuropäer mag die ukrainische Haltung schwer verständlich sein, werden doch im alten Europa Konflikte seit Jahrzehnten über Verhandlungen gelöst. Zugleich haben viele Europäer Angst vor einem Krieg mit Russland. Punkt aber ist, dass die Ukraine einen solchen Krieg gegen Russland bereits führen muss.
Kampf und Sieg auch für Europa
Podoljak ist deswegen überzeugt, dass ein ukrainischer Sieg auf dem Schlachtfeld auch für die Europäer wichtig ist: «Russland will sich mit allen Mitteln einen Teil unseres Territoriums einverleiben. Wenn das gelingt, wird es sich als Sieger in diesem Krieg entsprechend aggressiv verhalten, und zwar über die Ukraine hinaus. Russland wird dann ein Mitspracherecht verlangen, wenn es darum geht, wer Europa beherrscht.»
Die Ukraine verteidigt also nicht nur sich selbst, sondern ganz Europa. Das ist die Botschaft, die Michailo Podoljak in die Welt hinaussenden will.