Kann man weniger halten als ursprünglich geplant, muss man wenigstens das gut verkaufen. Das tut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, wenn er von einer ambitionierten und langfristigen Unterstützung der Ukraine spricht. Ausserdem seien die nun beschlossenen 40 Milliarden Dollar eine Untergrenze. Ursprünglich war von 100 Milliarden die Rede gewesen.
Nur: Ob's am Ende doch etwas mehr gibt, gründet auf keiner festen Zusage. Und vor allem ist nichts so langfristig verankert, dass es nicht später wieder zurücknehmbar wäre. Dabei bestand das ursprüngliche Ziel gerade darin, die Ukraine-Hilfe «Trump-fest» zu machen. Also so auszugestalten, dass sie auch von einem neuerlichen Präsidenten Donald Trump nicht so einfach gekippt werden könnte.
Gemeinsames Vorgehen begrüsst
Immerhin: Für Kiew ist die auf dem Nato-Gipfel beschlossene Lösung zumindest besser als die bisherige. Bis anhin gab es nämlich keinerlei Berechenbarkeit, wie Stoltenberg betont: «Zusagen kamen aus Nato-Hauptstädten ad hoc und weitgehend unkoordiniert.» Jetzt sagen «alle Alliierten gemeinsam Unterstützung zu», wie US-Sicherheitsberater Jake Sullivan feststellt.
Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich befriedigt: «Es ist gut und richtig, dass die europäischen Länder und Amerika die Ukraine unterstützen, und zwar sehr umfassend.»
Kuleba: «Das ist alles wichtig»
Nüchterner äussert sich indes der ukrainische Aussenminister Dmitro Kuleba: Ja – «das ist alles wichtig», meint er knapp und trocken. Offen klagen darf er als Bittsteller nicht, doch zufrieden sein dürfte sein Land mit dem Nato-Hilfskompromiss ebenso wenig. Obschon darüber hinaus noch Zusagen für fünf zusätzliche Luftabwehrsysteme mit grosser – und etliche mit kürzerer Reichweite kommen.
Wie überlebensnotwendig diese sind, zeigten diese Woche die zum grossen Teil erfolgreichen russischen Angriffe, unter anderem auf ein Kinderspital. Vorausschauend ist gewiss auch, dass die Ukraine-Kontaktgruppe, die für Kiews militärische Unterstützung sorgt, künftig von der gesamten Nato und nicht länger allein von den USA geleitet wird – auch das im Hinblick auf ein Szenario Trump.
Putin hat aktuell die Oberhand
«Es ist zwingend, die Ukraine mit der nötigen Munition, den Fahrzeugen und den Finanzmitteln auszustatten, damit sie diesen Krieg gewinnen kann», sagt Finnlands Präsident Alexander Stubb: «Je stärker wir helfen, umso schneller endet dieser Krieg.» Zumal die Ukrainer zugleich für die Freiheit Europas kämpften gegen ein imperialistisches Russland.
Und das mit kräftiger Unterstützung des Iran, von China und Nordkorea, wie Sicherheitsberater Sullivan betont. Es ist offensichtlich, dass Kremlchef Wladimir Putin derzeit im Kriegsgeschehen die Oberhand hat. Ob die neue Nato-Hilfe reicht, um das Blatt zu wenden, dürfte sich nun sehr rasch zeigen.