Russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die beim Kollaps der Sowjetunion ein Vermögen verdient haben, lassen sich in London gerne an bester Adresse nieder. In einzelnen Stadtvierteln sind sie so zahlreich, dass diese Quartiere mittlerweile Übernamen wie «Londongrad» oder «Roter Platz» tragen.
Allein seit 2016 hätten superreiche Russinnen und Russen in London Häuser im Wert von 1.8 Milliarden Franken erworben, kommt eine Untersuchung zum Schluss, die am Sonntag in den britischen Medien publiziert wurde.
In London Geld anzulegen, war bis heute so einfach wie attraktiv. Standortvorteile sind einerseits astronomisch teure Häuser an bester Lage, aber ebenso eine hohe Dichte an Banken, Immobilienfirmen und Anwaltskanzleien, die keine lästigen Fragen stellen.
Schon lange bekannte Korruption
Eine Untersuchung der aussenpolitischen Kommission des Unterhauses kam bereits vor Jahren zum Schluss, dass der Immobilienmarkt in London zum Waschen von Geld aus korrupten Quellen benutzt wird. Die Kommission empfahl deshalb strengere Gesetze und ein Grundeigentümerregister. Passiert ist bis heute nichts.
Ein Gesetzesentwurf, der ausländische Investoren zwingen würde, ihre Vermögensverhältnisse und Geldflüsse offenzulegen, steckt seit Jahren im Getriebe der britischen Regierungsmaschinerie fest. Wie Grossbritannien die aktuellen Sanktionen gegen Russland umsetzen will, blieb deshalb vielen Parlamentariern bis vor wenigen Tagen ein Rätsel. Das soll sich nun ändern.
Neue Gesetze in Planung
Noch diese Woche will die britische Regierung Entwürfe für neue Gesetze vorlegen, die es erlauben würden, nicht nur Vermögenswerte einzufrieren, sondern ebenso Immobilien zu konfiszieren und zu enteignen. Insbesondere von Russinnen und Russen, die Präsident Wladimir Putin oder dem Kreml nahestehen.
Mittlerweile stehen bereits über 100 Oligarchen auf einer Liste, deren Vermögen eingefroren werden könnte. Geschäfte mit russischen Geschäftsleuten und Firmen werden in diesen Tagen zum Reputationsschaden. Britische Energiekonzerne – wie Shell oder BP – versuchen hektisch ihre Beteiligungen an russischen Energiefirmen abzustossen.
Die Kehrtwende ist beeindruckend. Sie ist aber ebenso eine Schadensbegrenzung eines Finanzplatzes, der während Jahren russischen Kleptokraten den roten Teppich ausgerollt hat und London – bildlich gesprochen – zur Waschmaschine von schmutzigem Geld werden liess.