- Die britische Premierministerin Liz Truss macht eine Kehrtwende in ihrer Steuerpolitik und nimmt einen Teil der erst kürzlich angekündigten Steuersenkungen zurück.
- Zudem entlässt sie ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng. Neuer Schatzkanzler wird Ex-Aussenminister Jeremy Hunt.
- Selber zurückzutreten, lehnt die Premierministerin ab. Sie habe entschieden gehandelt und die finanzielle Stabilität des Landes sichergestellt.
Es sei klar, dass Teile ihres Mini-Budgets «weitergehend und schneller» waren, als die Märkte erwartet hatten, sagte Truss bei einer Pressekonferenz in London am Freitag. «Wir müssen jetzt handeln, um die Märkte von unserer fiskalen Disziplin zu überzeugen», so Truss weiter.
Die Ankündigung massiver Steuersenkungen hatte zuvor zu Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt. Die Unternehmensteuer solle nun doch wie von der Vorgängerregierung vorgesehen im April von 19 auf 25 Prozent steigen, sagte Truss. An anderen Steuererleichterungen will sie zunächst festhalten.
Zuvor hatte die konservative Politikerin ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen. Er habe das akzeptiert und trete zurück, teilte Kwarteng auf Twitter mit.
Ihm werden die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten angekreidet, die auf schuldenfinanzierte Steuersenkungen und hohe Ausgaben zur Dämpfung der Energiepreise zurückgehen. Beobachter werten Kwartengs Entlassung als Versuch von Truss, ihre eigene politische Karriere zu retten.
Truss sträubt sich gegen Rücktritt
Die britische Premierministerin gerät wegen ihrer umstrittenen Finanzpolitik immer stärker unter Druck. Nur rund fünf Wochen nach ihrem Amtsantritt gilt sie bereits als politisch schwer angeschlagen. Wie das Meinungsforschungsinstitut Ipsos ermittelte, sind nur 16 Prozent der Britinnen und Briten mit Truss zufrieden – das sei der schlechteste Wert, der je für einen Premier gemessen worden ist.
Dennoch lehnt Liz Truss es ab, selbst zurückzutreten. Sie habe entschieden gehandelt und damit sichergestellt, dass das Land finanzielle Stabilität besitze, betonte die konservative Politikerin am Freitag vor den Medien. Truss sagte, sie werde immer im nationalen Interesse agieren. «Wir werden diesen Sturm überwinden.»
Die Regierungschefin beharrte darauf, dass ihre Politik niedrigerer Steuern und hoher Investitionsanreize richtig sei. Lediglich der Markt, den die Entscheidungen, die Steuern deutlich zu senken, irritiert hätten, sei der Grund, warum sie eine Kehrtwende einlege, sagte Truss. «Ich bin fest entschlossen, das zu halten, was ich versprochen habe.»
Regierungskritiker wird Finanzminister
Zum neuen britischen Finanzminister berief Truss den früheren Aussen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt. Der bisherige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im britischen Parlament hatte sich im Sommer selbst um die Spitze der Konservativen Partei beworben, war aber nach wenigen Wahlgängen gescheitert. Während der Pandemie war der 55-Jährige einer der schärfsten Kritiker der Regierung.
Ob Truss mit der Entlassung ihres Finanzministers und der wirtschaftlichen Kehrtwende die Finanzmärkte wieder beruhigen und ihre Position festigen kann, gilt als fraglich. Britische Medien spekulieren bereits, sie könne demnächst von ihrer Partei gestürzt werden.