General Ratko Mladic war einst ein sehr mächtiger Mann, der über Leben und Tod entscheiden konnte. Auf seinen Befehl attackierten die Soldaten in den 1990er Jahren zahlreiche bosnisch-herzegowinische Dörfer, vertrieben die muslimische Bevölkerung, zündeten deren Häuser an. Tausende Männer wurden gefangengenommen, in Lager gesteckt und aufs Grausamste gefoltert.
Derselbe imposante General liess seine Soldaten im Juli 1995 die UNO-Sicherheitszone Srebrenica stürmen. Die Enklave, die von niederländischen Blauhelmen bewacht wurde, war hoffnungslos überfüllt mit muslimischen Flüchtlingen, die Schutz vor Mladics Schergen gesucht hatten. Der Armeechef liess Frauen, Kinder in Bussen abtransportieren. Die 8000 Männer und Knaben jedoch wurden weggebracht und exekutiert. Srebrenica steht heute für das schlimmste Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg.
Dass Mladic dafür nun die Höchststrafe – lebenslänglich – erhalten hat, wird für viele Menschen vor allem in Bosnien eine Genugtuung sein. Und auch die Delegation der «Mütter von Srebrenica», die für die Urteilsverkündung nach Den Haag anreiste, wird diesmal mit dem Verdikt zufrieden sein. Denn dass der politische Chef von Mladic, der bosnische Serbenführer Radovan Karadzic, in erster Instanz vor einem guten Jahr «bloss» zu einer 40-Jährigen Haftstrafe verurteilt worden war, haben viele als Affront erfahren.
Anständiges Benehmen war bei Mladic kein Thema
Im Monsterverfahren gegen den heute 75-Jährigen Mladic war die Beweislast jedoch so erdrückend, dass die drei UNO-Richter kein anderes Urteil als lebenslänglich fällen konnten. Und das anständige Benehmen im Gerichtsaal, das Karadzic einen Bonus eingebracht hatte, war bei Mladic kein Thema. Denn der ex-General polterte im Gerichtsaal und pöbelte die Richter an. Auch heute tat er dies wieder – und wurde prompt aus dem Gerichtssaal entfernt.
All die Gräueltaten die auf Befehl des einstigen Armeechefs begangen wurden, gehörten zum schlimmsten, was Menschen einander antun könnten, sagte der vorsitzende Richter Alphons Orie. Mladic, der inzwischen vom bulligen Kommandanten zu einem alten, gebückten Mann geworden ist, werden auch diese Worte nicht getroffen haben: Er ist bis zum heutigen Tag von seiner Unschuld überzeugt.