Kohleabbau ist zwar lukrativ, aber schädlich für Umwelt und Klima. Betroffen von den negativen Auswirkungen des Kohleabbaus ist auch Kolumbien. Das südamerikanische Land will deshalb aus der Kohle aussteigen und auf erneuerbare Energien setzen. Eigentlich. Die Umsetzung nämlich gestaltet sich schwierig.
«Kohle aus Kolumbien ist im Moment profitabler denn je», sagt Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe sich Kolumbien zu einem wichtigen Kohlelieferanten für Länder wie Deutschland entwickelt.
Nach Zahlen deutscher Kohleimporteure hat Kolumbien allein 2022 rund 7.3 Millionen Tonnen Steinkohle nur nach Deutschland geliefert. «Das ist locker doppelt so viel wie in den Vorjahren», sagt Delgado. Kolumbien sei damit quasi in die Lücke gesprungen, die Russland auf dem europäischen Energiemarkt hinterlassen hat.
Grüne Energiequellen für den Eigenbedarf
Kolumbien selbst setzt auf andere Energiequellen: Laut dem kolumbianischen Handelsministerium deckt das Land seinen eigenen Energiekonsum heute schon zu rund 80 Prozent mit Energie aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Wasserkraft, aber auch aus Wasserstoff. «Das ist schon ziemlich beachtlich», sagt Delgado.
Damit Kolumbien diesen Wasserstoff aber grün produzieren und man ihn exportieren könnte, fehlt noch einiges: Laut einer Studie einer kolumbianischen Universität bräuchte es Investitionen von rund 244 Milliarden US-Dollar, damit das Land seinen eigenen Energiebedarf vollständig mit erneuerbaren Energien decken und dann auch noch grünen Wasserstoff exportieren könnte.
Die Wirklichkeit entspricht nicht Petros Vision.
Kolumbiens Präsident Gustavo Petro war angetreten mit dem Versprechen, aus der Kohle auszusteigen. So recht klappen will das nicht. Aus komplexen Gründen, wie Teresa Delgado erklärt: «Die Wirklichkeit entspricht nicht Petros Vision.»
Der Klimaschutz sei zwar eines der wichtigsten Versprechen seiner Regierung – der ersten Linksregierung des Landes überhaupt. Und Petro wolle auch soziale Gerechtigkeit fördern und einen vollständigen Frieden im Land erreichen. «Es gibt aber bis heute immer wieder Gewaltausbrüche.» Auch wenn die grösste Guerilla im Land, die FARC, die Waffen niedergelegt habe, so gebe es noch immer zahlreiche andere kleinere Guerillas. «Und dieser Hintergrund macht es schwierig, in solchen Gebieten Infrastruktur zu bauen, die es bräuchte für den Wasserstoff.»
Schwacher Präsident und lukratives Geschäft
Kommt hinzu: Politisch sei die Situation vertrackt. «Petro ist ein schwacher Präsident, hat keine Mehrheit im Parlament. Kürzlich hat er sein halbes Regierungskabinett ausgewechselt, weil er sich sogar von seinen eigenen Ministerinnen und Ministern zu wenig unterstützt fühlte.» Die rechte Opposition im Parlament sperre sich gegen den Kohleausstieg, und kolumbianische Unternehmer hätten derzeit keinen juristischen oder finanziellen Anreiz, das Kohlegeschäft zu verlassen. «Im Gegenteil, sie verdienen sich ja gerade eine goldene Nase damit.»
Solange europäische Länder Kohle kaufen und es da Geld zu holen gibt, wird Kolumbien weiter liefern.
Damit der Ausstieg doch noch gelingt, brauche es entsprechende Gesetze, eine stärkere Regierung und allgemein einen stärkeren kolumbianischen Staat, der überall auf seinem Gebiet Präsenz zeigen könne. «Damit Frieden hergestellt werden kann für solche grossen Investitionsprojekte», so Delgado. «Das geht eben alles nur, wenn endlich Frieden herrscht in Kolumbien. Und solange europäische Länder Kohle kaufen und es da Geld zu holen gibt, wird Kolumbien weiter liefern.»