Die CDU, so dachte man bisher, wird unmöglich zu «Putins Gehilfin». Doch gerade das, das Undenkbare, könnte sich in Thüringen und vielleicht auch in Sachsen anbahnen. Unter dem Druck von Sahra Wagenknecht und ihrem politischen Bündnis, das es braucht, dass CDU-Männer Ministerpräsidenten werden oder bleiben. Falls die Wagenknecht-Partei also bei einer Regierung mitmacht, müssen Bedingungen erfüllt sein: Ein klares Nein zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland – und die Forderung nach einem Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine. Eine Politik ganz nach dem Geschmack des Kremls.
Natürlich haben die beiden ostdeutschen Bundesländer keinen direkten Einfluss auf die Aussenpolitik der Bundesrepublik. Aber sie sind im Bundesrat, der Länderkammer, vertreten. Und könnten dort die Pläne der CDU – aber auch der SPD, der Grünen oder der FDP – entscheidend durchkreuzen.
Ende der transatlantischen Partnerschaft
Wagenknecht will die CDU also zwingen, von ihrem transatlantischen Kurs abzuweichen. Faktisch also ihren Markenkern zu zerstören. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute der erste Kanzler Konrad Adenauer eine Bundesrepublik, die sich am Westen orientiert, dessen Werte vertritt und damit genau das Gegenteil, der Gegenentwurf ist zur Sowjetunion und der entstehenden und später real existierenden DDR.
Und nun will ausgerechnet eine Ex-Kommunistin, eine, die sogar für Stalin lobende Worte fand, die CDU in die Knie zwingen: Wagenknecht. Sie löst damit in Berlin höchste Nervosität aus. CDU-Parteichef Friedrich Merz will nächstes Jahr Bundeskanzler werden. Mit einer CDU, die sich aus der Merkel-Mitte wieder ins konservative, staatstragende rechte Lager bewegt. Welche das Zeug hat, die Alternative für Deutschland, die AfD, einzuhegen, vielleicht sogar «wegzuregieren». Letzteres haben sich die Chefs von CDU und CSU als Ziel gesetzt.
Keine Waffen mehr für die Ukraine?
Keine Waffen für die Ukraine also und keine US-Raketen auf deutschem Boden. Vor allem letzteres kann vernünftig klingen, viele Menschen wünschen sich Frieden und nicht Aufrüstung. Doch eine Lehre des kalten Kriegs war: ohne Abschreckung keinen Frieden. Moskau wusste ganz genau: Der Westen ist in der Lage, sich zu wehren – das Gleichgewicht des Schreckens. Eine für viele Menschen schmerzhafte Entscheidung war 1979 der Nato-Doppelbeschluss: Die Nato stationierte in Europa 198 neue Atomsprengköpfe auf Pershing-Raketen. Kanzler Helmut Schmidt von der SPD brachte den Entscheid durch den Bundestag – mit den Stimmen der CDU.
Der Nato-Doppelbeschluss wurde heftig diskutiert, er war einer der Ursprünge einer starken Friedensbewegung. «Petting statt Pershing», hiess es damals. Natürlich braucht es auch jetzt wieder eine breite Diskussion, ein Abwägen in einer so heiklen Frage. Aber aus Sicht der CDU kann es nicht sein, dass die Entscheidung von Sahra Wagenknecht diktiert wird.
Für die CDU stellt sich nun die Frage: Macht oder Prinzipien? Soll die CDU auf zwei Ministerpräsidenten-Ämter verzichten? Oder darauf hoffen, dass Wagenknecht ihren Würgegriff bald lockern würde? Der Showdown ist nahe – in den nächsten Tagen müssen sich die Christdemokraten entscheiden.