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Machtkampf in Venezuela «Plan der Opposition ist einmal mehr nicht aufgegangen»

In Venezuela ist nach den jüngsten schweren Krawallen vieles unklar und unübersichtlich. In den vergangenen Stunden haben sich sowohl Staatspräsident Nicolas Maduro wie auch Oppositionsführer Juan Guaidó zur Lage geäussert. Maduro erklärte, der Aufstand einiger Soldaten sei gescheitert. Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó sagte, Maduro werde von der Armee nicht mehr unterstützt. SRF-Korrespondentin Karen Naundorf beobachtet die Lage von Argentinien aus.

Karen Naundorf

Südamerika-Korrespondentin

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Karen Naundorf ist SRF-Korrespondentin in Südamerika, Standort Buenos Aires. Sie hat in Berlin und Barcelona Kommunikation studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und ist Fellow des Pulitzer Center on Crisis Reporting.

SRF News: Was kann man zur aktuellen Lage sagen?

Karen Naundorf: Die Regierung von Maduro gibt sich siegessicher. Der Aufstand sei niedergeschlagen. Meine Kontakte vor Ort haben mir aber noch vor kurzem von vereinzelten Kämpfen auf den Strassen berichtet, ebenfalls von Demonstranten.

Sämtliche Behauptungen vonseiten der USA hat Maduro abgestritten.

Es ist zumindest kein Zeichen von Stärke, dass sich der politische Ziehvater von Guaidó , Leopoldo López, in die chilenische und dann in die spanische Botschaft zurückgezogen hat, um dort Schutz zu suchen. Gleichzeitig aber existieren bei Whatsapp noch Audios von Oppositionsanhängern, in denen es heisst, der Kampf auf den Strassen sei noch lange nicht vorbei.

Steht das Militär weiterhin mehrheitlich hinter dem Präsidenten Maduro?

Es sieht tatsächlich so aus, als sei der Plan der Opposition, das Militär zu einem Umschwenken zu bewegen, einmal mehr nicht aufgegangen. Guaidó, umgeben von Militärs, hatte am Dienstag begonnen, seinen Anhängern einen Machtwechsel zu vermitteln. Aber was wir derzeit beobachten können ist maximal eine Spaltung des Militärs – was auch ein denkbar schlechtes Szenario wäre.

Maduro hat sich im Staatsfernsehen zu Wort gemeldet. Was hat er gesagt?

Maduro hat eine recht staatstragende Ansprache gehalten; an einem Tisch mit ranghohen Militärs. Es habe einen Aufstand gegeben und dieser sei niedergeschlagen worden. Maduro habe drei Staatsanwälte damit beauftragt, den Ereignissen nachzugehen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Seine Regierung sei an einer friedlichen Lösung interessiert; das könne man auch daran erkennen, dass es kein Blutbad gegeben habe.

Sämtliche Behauptungen vonseiten der USA hat er abgestritten. Damit meine ich etwa das, was Mike Pompeo in den Raum gestellt hatte. Maduro sei dazu bereit gewesen, sich nach Kuba abzusetzen. Ein Flugzeug sei bereit gestanden, so Pompeo weiter. Russland habe jedoch interveniert und Maduro überzeugt, in Venezuela zu bleiben.

Die Lage scheint unübersichtlich zu sein. Was macht Guaidó?

Langsam läuft ihm die Zeit davon. Er muss seine Anhänger weiterhin mobilisieren und sie müssen an ihn glauben.

Für die Demonstranten dürfte der 1. Mai ein gefährlicher Tag werden.

Am 1. Mai sei der grosse Tag. Nichts sei verloren. Aber das fällt vielen immer schwerer zu glauben. Vor allem in einer Situation, in der es in Venezuela an allem fehlt – an Essen und zum Teil an Trinkwasser. Die immer härteren Sanktionen der USA machen das Leben für die Venezolaner nicht leichter.

Wie geht es jetzt weiter?

Für die Demonstranten dürfte der 1. Mai ein gefährlicher Tag werden. Neben der Armee gibt es noch andere bewaffnete Gruppen, etwa die Milizen des sogenannten Kollektivs. Aber Guaidó braucht seine Anhänger auf der Strasse. Denn solange ein internationales Einschreiten keine Option ist, hat er nur zwei Chancen. Entweder das Militär zum Umschwenken zu bewegen, wonach es derzeit nicht aussieht. Oder die Massen auf die Strassen zu bringen, was er am Dienstag nicht erreicht hatte.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

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