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Mädchen in Afghanistan So hat sich das Schulsystem unter den Taliban verändert

Die Schulbildung für Mädchen ist den Taliban ein Dorn im Auge. Ein Schweizer Hilfswerk setzt sich für Schülerinnen ein und erklärt, wieso für die Taliban die Pubertät junger afghanischer Frauen Einfluss auf die Bildung hat.

So agiert ein Hilfswerk in Afghanistan: Das Schweizer Hilfswerk «Afghanistanhilfe» ist eines der Hilfswerke, welches in verschiedenen Regionen den Aufbau von Schulen finanziert. Bisher hat die «Afghanistanhilfe» rund 50 Schulen im Land aufgebaut – darunter etliche Mädchenschulen. Mithilfe von lokalen Partnerorganisationen bauen Hilfswerke die Infrastruktur der Schulen auf und übergeben diese danach dem Bildungsministerium. Abgesehen davon, dass Hilfswerke den Aufbau der Schulen finanzieren, unterscheiden sich die Schulen jedoch nicht von den restlichen öffentlichen Schulen im Land. Die Regierung ist verantwortlich für den Lehrplan sowie die Bezahlung der Lehrerlöhne.

Mädchen sitzen hinter Schulbänken im Unterricht
Legende: Fremdsprachen sind in den öffentlichen Schulen erst ab der Sekundarstufe 1 möglich. Zur Auswahl stehen Englisch, Russisch, Deutsch und Französisch. Afghanistanhilfe

Darum arbeiten Hilfswerke mit den Taliban zusammen: Die «Afghanistanhilfe» ist darauf bedacht, Lösungen zu finden mit der neuen Talibanregierung – wobei das Verbot der Schulbildung für Mädchen ab der siebten Klasse schwierig zu akzeptieren sei. Michael Kunz, Präsident der «Afghanistanhilfe», betont, dass sie als Hilfswerk in Afghanistan nur agieren könnten, wenn sie nach den neuen Regeln der Taliban arbeiten. Natürlich könnte man die Mädchen versteckt im Untergrund schulen. Hilfsorganisationen seien jedoch an die Regeln der Regierung gebunden, damit sie nicht alles aufs Spiel setzen. Deshalb strebt das Hilfswerk eine Lösungsfindung mit den Taliban an.

Schulunterricht im Verborgenen

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In der vorherigen Regierungsherrschaft der Taliban war den Mädchen die Schulbildung untersagt. Viele Mädchen wurden dann im Untergrund versteckt vor den Taliban unterrichtet. Aus der Gesellschaft engagierten sich ehemalige Lehrerinnen und führten den Schulunterricht im Verborgenen – und gingen damit ein grosses Risiko ein.

So funktioniert das Bildungssystem: Im afghanischen Schulsystem gibt es neben öffentlichen Schulen vereinzelt halb-private Schulen, die vom Bildungsministerium akkreditiert werden müssen. Aufgebaut ist das Bildungssystem durch sechs Jahre Primarschule, drei Jahre Sekundarstufe 1 und nochmals drei Jahre Sekundarstufe 2. Diese können mit der Mittel- und Oberstufe in der Schweiz verglichen werden. Die Primarschule und die erste Sekundarstufe sind Pflicht. Seit der Machtübernahme der Taliban können Mädchen bislang aber nur bis zur sechsten Klasse zur Schule.

Um an einer Universität studieren zu können, müssen jedoch alle zwölf Schuljahre absolviert werden. Nach Abschluss der zweiten Sekundarstufe gibt es eine Prüfung, bei der man je nach Punktzahl danach zwischen Studienfächern und Universitäten wählen kann.

Das verändert sich mit dem zwölften Lebensjahr für Mädchen: Im zwölften Lebensjahr sind die Mädchen in der sechsten Klasse und kommen in die Pubertät. Da beginnt für die Taliban ein neuer Lebensabschnitt: Ab zwölf Jahren ist ein Mädchen beispielsweise auch heiratsfähig. Entscheidend sind dabei die Scharia respektive die Stammesgesetze, auch Paschtunwali genannt.

Dies ist der sogenannte Ehren- und Rechtskodex der Taliban. Ab dem Beginn der Pubertät müssen die Mädchen vor den Augen der Männer geschützt werden – weshalb die Taliban auch auf getrennten Schulunterricht ab zwölf Jahren bestehen. Wenn einem Mädchen etwas zustösst, gibt es Blutrache zwischen den Familien. Deshalb gilt es die Ehre aufrechtzuerhalten – auf Kosten der Mädchen und Frauen.

Erkämpfte Errungenschaften für Frauen in Gefahr

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Da die Taliban Stammesgesetze und -bräuche sowie die Scharia einführen, drohen die Rechte der Frauen beschnitten zu werden. Dies wird von der Afghanistanhilfe als grosse Gefahr wahrgenommen.

Denn damit sind die grössten Errungenschaften für die Frauen bedroht: dass Frauen studieren und einen Beruf ausüben dürfen, dass sie selbstbewusst sind und sich frei bewegen können. Frauen und Mädchen sind die Hauptleidtragenden dieser Veränderungen in Afghanistan, die derzeit zu beobachten sind.

Deshalb kommuniziert die Regierung widersprüchlich: Vergangene Woche sagten die Taliban, dass die Schulen für Schüler wieder öffnen würden – Schülerinnen haben sie nicht erwähnt. Am Dienstag kündigte ein Taliban-Sprecher an, dass Mädchen ab der siebten Klasse den Schulunterricht bald wieder besuchen sollten. Kunz vermutet, dass es interne Konflikte innerhalb der Talibanregierung gebe. Das mache möglich, dass gegenläufige Entscheidungen kommuniziert werden. Denn es gebe Hardliner in der Regierung, die eine Schulbildung für Mädchen grundsätzlich nicht akzeptieren.

Echo der Zeit, 18.09.2021, 18:00 Uhr

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