Satellitenbilder zeigten es: Eben waren sie noch da, dann plötzlich weg – die Kriegsschiffe in Russlands Marinebasis Tartus in Syrien.
Doch Russland ringt bereits darum, die Marinebasis Tartus und die Luftwaffenbasis Hmeimim in Syrien bald wieder nutzen zu dürfen. Dazu vollzog es eine diplomatisch-rhetorische Kehrtwende. Vor gut einer Woche war für Aussenminister Sergej Lawrow, die aktuell mächtigste Gruppierung in Damaskus, die HTS, noch eine Terrorbande. Man dürfe solchen Terroristen nicht erlauben, Syrien zu erobern.
Nur Tage später erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow: «Wir stehen natürlich in Kontakt mit all jenen, die nun in Syrien bestimmen.» Von Terroristen war keine Rede mehr. Es gehe um die Sicherheit der beiden russischen Militärbasen.
«Russland hat sehr viel Geld und Energie investiert ins Assad-Regime», sagt Didier Billion von der französischen Strategiedenkfabrik Iris: «Nun will es zumindest seine Militärbasen dort retten.» Daher wolle Russland unbedingt mit der HTS und deren Chef, Abu Mohammed al-Golani verhandeln: Der scheint momentan keineswegs abgeneigt. «Es dürfte also Verhandlungen geben.»
Militärbasen in Syrien sind für Moskau essenziell
Laut dem renommierten Marineexperten H. I. Sutton schwächt der Verlust der Basen in Syrien den russischen Einfluss im gesamten Mittelmeer, im Nahen Osten und erst recht in Afrika, wo sich Moskau an die Seite von Diktatoren und Putschregimen stellt: «Russland braucht seine Marine- und seine Luftwaffenbasis in Syrien, um Truppen, Waffen und Material nach Afrika zu bringen. Theoretisch gibt es zwar Alternativen, etwa neue Militärbasen in Libyen, im Sudan oder in Äquatorialguinea.» Doch das wäre erheblich umständlicher, teurer und nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen. Zudem sind beide Länder höchst instabil.
Doch wie stehen Russlands Chancen, die beiden Basen zu behalten? Dafür spricht, dass sich zumindest die Amerikaner selber in Syrien nicht dauerhaft festsetzen wollen. Der künftige Präsident Donald Trump signalisiert schon sein Desinteresse am Land.
Die arabischen Golfstaaten wiederum, angeführt von Saudi-Arabien, könnten eine russische Militärpräsenz als Garantie dafür sehen, dass im neuen Syrien nicht die Türkei allein den Takt vorgibt. Für Prinz Turki al-Faisal al-Saud, den erfahrensten saudischen Aussenpolitiker, steht Moskaus enormes Interesse an den Militärstützpunkten fest. Wie sein Land dazu steht, lässt er vorläufig offen.
Was Moskau Damaskus bieten kann – und will
Russland hätte den neuen syrischen Machthabern einiges zu bieten – trotz der Belastung durch seinen Krieg gegen die Ukraine: etwa Geld, ausserdem militärische Beratung und Unterstützung. Sollte die Führung in Damaskus jedoch die Auslieferung von Diktator Baschar al-Assad verlangen, wäre der Preis wohl zu hoch für Moskau.
Nicht, weil den Russen Assad lieb und teuer ist. Aber das Signal an andere Verbündete Russlands, von Nordkoreas Kim Jong-un bis zu den Putschgenerälen im Sahel, wäre verheerend, wenn der Kreml seinen Schützling in Not ausliefern würde.