Zehntausende Venezolanerinnen und Venezolaner sind auf der Flucht vor der Diktatur in ihrem Land. Ihr Ziel sind die Vereinigten Staaten, viele aber stranden an der Grenze.
Vor knapp einem Monat hat die US-Regierung nämlich einen Migrationsdeal mit Mexiko geschlossen: 24'000 Venezolanerinnen und Venezolaner dürfen legal mit einem Visum in die USA einreisen. Für alle anderen sind die Grenzen zu. Illegal Eingereiste können die US-Behörden neu nach Mexiko abschieben.
Gewaltmarsch durch den Dschungel
Die freie Journalistin Sandra Weiss war auf der Fluchtroute in Panama dabei. Dort kommen die Menschen nach einem tagelangen Gewaltmarsch in einem Lager am Ausgang des Darién-Urwalds an. Der Mangrovendschungel am Übergang von Nord- und Südamerika gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt.
Die Migrantinnen und Migranten, die die Journalistin in Panama getroffen hat, waren resigniert. Kaum angekommen erfuhren sie, dass sie keine Chance auf eine Einreise in die USA hatten. «Die Stimmung war dramatisch. Denn sie haben für ihre Flucht oft alles verkauft, was sie in Venezuela besassen, ihre Häuser und Habseligkeiten. Nun standen sie praktisch vor dem Nichts.»
Wer vom Migrationsdeal profitieren will und so in die USA gelangen möchte, muss diverse Kriterien erfüllen. Der Antrag muss in Venezuela selbst oder in Drittländern gestellt werden. Zudem braucht es einen Bürgen in den USA, Solvenznachweise und auch einen Pass.
«Krawallthema» in den USA
Oft haben die Menschen aber nicht einmal einen Pass – denn dieser kostet in Venezuela rund 200 US-Dollar. «Normale Menschen in Venezuela können sich das gar nicht leisten», so die deutsche Journalistin. «Auch über die anderen Nachweise verfügten viele der Menschen, mit denen ich sprechen konnte, nicht.» Der Weg über die legale Visa-Vergabe in die USA bleibt für sie also unmöglich.
Die USA pflegen auch gegenüber Kuba eine ähnliche Politik. Mit einer Lotterie erhalten ein paar wenige Glückliche jährlich das Recht, in die USA einzureisen. Auch hier übersteigt die Nachfrage das Angebot massiv.
Die überwältigende Mehrheit der Migrantinnen und Migranten will in die USA – und auf keinen Fall zurück nach Venezuela.
Am Dienstag stehen die Zwischenwahlen in den USA an. Dort wollen die Republikaner die Mehrheit im Kongress zurückerobern. Traditionell lassen sich mit dem Migrationsthema Stimmen gewinnen. «Die Migration ist ein innenpolitisches Krawallthema geworden», sagt Weiss.
Eine nachhaltige Lösung ist politisch kaum denkbar. «Und so löst auch der Deal mit Mexiko das strukturelle Problem der Migration nicht, sondern ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein.»
Rückkehr ist keine Alternative
Abertausende Menschen sind nun auf ihrem Weg in die USA gestrandet. Weiss war auch in einem Auffanglager in Guatemala. Auch dort wollen viele der Menschen erst einmal abwarten, wie sich die Situation nach den Zwischenwahlen in den USA entwickelt. «Sie hoffen, dass es danach gewisse Lockerungen und neue Möglichkeiten gibt, in das Land zu kommen.»
Andere beantragen auch Asyl in den Transitländern, so etwa in Costa Rica. Klar ist für Weiss: «Die überwältigende Mehrheit der Migrantinnen und Migranten will aber in die USA – und auf keinen Fall zurück nach Venezuela.»