Worum geht es? Letzte Woche Dienstag wurde ein Mann in der Nähe von Alicante getötet. Die Täter haben ihn aus einem vorbeifahrenden Auto heraus erschossen. Mittlerweile weiss man, dass es sich um den ehemaligen russischen Militärpiloten und Deserteur Maxim Kusminow handelt.
Wer war Maxim Kusminow? Kusminow war russischer Militärpilot. Letzten Sommer hatte er sich dazu entschieden, zur Ukraine überzulaufen. Er war mit seinem Armeehelikopter vom Typ Mi-8 in die Ukraine geflogen. Der ukrainische Geheimdienst feierte dies als Coup. Angeblich soll die ukrainische Armee 460'000 Euro für den Frontwechsel bezahlt haben. Später ging er nach Spanien und hat dort unter einem neuen Namen gelebt. Anwohner berichten, Kusminow habe in Villajoyosa gewohnt und im Baugewerbe gearbeitet.
Was ist über den Tathergang bekannt? Der Leichnam Kusminows wurde in einer Tiefgarage in Villajoyosa gefunden. Er wies mehrere Schusswunden auf. Anwohner hätten Schüsse gehört und die Polizei informiert. Die Guardia Civil, die spanische Polizei, hat neben der Leiche Papiere gefunden. Sie zweifelte da bereits an der Echtheit der Papiere. Diese wiesen den Mann als 33-jährigen Ukrainer aus. Später hat die Polizei, auch durch Informationen des ukrainischen Militärgeheimdiensts, bestätigt, dass es sich um den übergelaufenen russischen Piloten handelt.
Steckt Russland hinter der Tötung? Die Vermutung liegt nahe, dass der russische Geheimdienst hinter dem Tod stecken könnte. Der Verdacht wurde durch gestrige Äusserungen des russischen Auslandgeheimdienst-Chefs verstärkt. Er bezeichnete Kusminow als Leiche der Moral. Die Politik ist jedoch zurückhaltend. Die spanische Regierungssprecherin Pilar Alegría beispielsweise verwies lediglich auf die laufenden Ermittlungen.
Wie wird weiter ermittelt? Die spanische Guardia Civil hat die Ermittlungen aufgenommen und befragt Zeugen. Augenzeugen können die Flucht des mutmasslichen Täterwagens bezeugen. Die freie Journalistin Julia Macher meint zudem: «Bei diesen Ermittlungen wird auch eine Rolle spielen, seit wann Kusminow in Spanien gelebt hat und vor allem, ob die Behörden die wahre Identität von ihm kannten.» Darüber weiss man bisher nichts.
Wie reagieren die spanischen Medien auf den Fall? Einige spanische Medien haben Kusminow schon als Opfer des hybriden Kriegs bezeichnet, den Russland gegen den Westen führe, erläutert Julia Macher. Sie spekulieren über eine Verwicklung des russischen Geheimdienstes oder auch bezahlter Söldner. Aber generell dominiere auch in den Medien ein neutraler Ton.
Wie steht es um die russische und ukrainische Community in Spanien? Zahlen vom letzten Sommer zeigen, dass rund 80’000 russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Spanien leben. Daneben gibt es die ukrainische Community. Laut Julia Macher beherbergt Spanien seit dem Krieg rund 180’000 ukrainische Flüchtlinge. «Zwischen diesen beiden Gruppen gibt es immer wieder Reibereien und Konflikte. Bisher waren die im Rahmen des normalen Zwischenmenschlichen. Aber nach diesem mutmasslichen Mord an Kusminow geht die Angst um.» Andere Deserteure fürchten laut Interviews um ihr Leben.