Mit Deportationen haben die Mexikaner wahrlich Erfahrung. Auch wenn Donald Trump schon in seiner ersten Amtszeit diesbezüglich grosse Töne gespuckt hatte, seine demokratischen Vor- und Nachfolger haben beide massiv mehr Personen ausgeschafft. Rekordhalter ist Barack Obama mit fast drei Millionen deportierten Mexikanerinnen und Mexikanern.
Ich bin in Mexiko geboren. Aber das wusste ich nicht, bis ich 36 Jahre alt war.
Wie es ist, abgeschoben zu werden, weiss Óscar Sosa: «Ich fühle mich als Amerikaner. Ich bin stolz darauf, in Texas aufgewachsen zu sein. In meinem Herzen bin ich immer noch Amerikaner, auch wenn ich nun in Mexiko bin.» Selbst 17 Jahre nachdem er die USA verlassen musste.
Der Fahrer in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez erzählt: «Ich bin in Mexiko geboren. Aber das wusste ich nicht, bis ich 36 Jahre alt war. Meine Eltern hatten mir stets gesagt, dass ich in den USA, in Texas, geboren wurde.»
Als Óscar Sosas mexikanische Frau eine Aufenthaltsbewilligung in den USA beantragte, kam die Wahrheit ans Licht. «Im Konsulat fanden sie heraus, dass ich 1972 in Mexiko geboren und registriert wurde. Erst 1973 wurde ich in den USA als dort geboren registriert. Meine Eltern hatten damit Betrug begangen.»
Obwohl der Mexikaner nichts von seinem Schicksal gewusst hatte: In den Augen der USA hatte er ebenfalls betrogen. Denn jahrelang hatte er bei jedem Grenzübertritt nach einem Familienbesuch in Mexiko gesagt, er sei Amerikaner. «In den USA gibt es ein Gesetz, dass sich niemand als Amerikaner bezeichnen darf, der es offiziell nicht ist. Wer dieses Gesetz bricht, für den gibt es keine Begnadigung.»
Das heisst für Óscar Sosa, dass er die USA nie wieder betreten darf. Seine Kinder sind in den USA geboren und leben dort. Bis heute wünscht sich der 53-Jährige, wieder mit ihnen vereint zu sein.
Viele nicht-mexikanische Migranten sind in Mexiko gestrandet
Während viele Mexikanerinnen und Mexikaner nach einer Abschiebung in ihrer alten Heimat wieder Fuss fassen müssen, stehen auch Tausende Nicht-Mexikaner im Land vor einer ungewissen Zukunft.
Rund um die Iglesia de la Soledad in der mexikanischen Hauptstadt hat sich eine kleine informelle Siedlung gebildet – Behausungen aus Plastikblachen, Holz, kleine Zelte.
Die beiden Venezolanerinnen July Salon und Kela Vera wohnen hier mit ihren Kindern seit mehr als einem halben Jahr. Sie hatten auf einen Termin bei den US-Asylbehörden gehofft. Das ist nun vorbei. Donald Trump hat das Asylprogramm gestoppt. «Nun warten wir darauf, dass sie uns aus Mexiko rausschmeissen», sagt die 27-jährige Salon sarkastisch. «Die Präsidentin hier will uns auch nicht.»
«Wir hören, es wird hier gleich ablaufen wie in den USA. Es soll Razzien geben, die Präsidentin will kein Geld in uns Migranten investieren», so July Salon. Doch die beiden Venezolanerinnen wollen nicht aufgeben. Sie wollen ihren Kindern eine Zukunft bieten in den USA oder Mexiko. Zurück in die Diktatur ist für sie keine Option.