Die Weltöffentlichkeit schaute am Donnerstag in die Südtürkei nach Antalya. Die Türkei konnte ein Treffen auf Regierungsebene zwischen dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow und dem ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba organisieren. Es war der erste hochrangige Verhandlungsversuch seit Kriegsbeginn.
Doch was den Unterhändlern zuvor nicht gelungen war, gelang auch den Aussenministern nicht. Das Treffen sei ergebnislos zu Ende gegangen, hiess es danach. Man kann also sagen, dass der grösste Erfolg der Verhandlung war, dass sie wieder miteinander reden.
Doch reden allein bringt keinen Frieden, sagt David Nauer. Er ist SRF-Russlandexperte in der Auslandredaktion. «Dafür bräuchte es eine minimale Bereitschaft, die Gewalt einzustellen. Insbesondere bei den Russen habe ich nicht das Gefühl, dass diese Bereitschaft im Moment besteht.»
Zudem habe es schon vor Kriegsausbruch viele Gespräche mit dem Kreml gegeben. Auch Staatschefs und Minister aus den USA, Frankreich und Deutschland haben mit den Russen gesprochen. «Und trotzdem hat Putin den Befehl zum Angriff gegeben.»
Jeder Versuch ist es wert
Von der vermittelnden türkischen Seite hiess es nach dem Treffen fast schon entschuldigend, man habe ja auch nicht viel erwarten können. Und das stimmt – im Moment, sagt Nauer.
«Aber es ist dennoch zu begrüssen, dass die Türken als Vermittler eingebracht haben.» Denn bei allem Pessimismus: «Irgendwann wird es Gespräche brauchen. Nur Gespräche werden diesen Krieg letztlich beenden können. Und deswegen ist jeder Versuch wichtig.»
Ukraine wird nicht auf Forderungen eingehen
Inhaltlich wurden die bekannten Forderungen formuliert. Russland verlangt, dass die Ukraine sich per Verfassung zu einem neutralen Staat erklärt. Die Krim soll endgültig russisch werden und die beiden ostukrainischen Republiken Luhansk und Donezk sollen aus russischer Perspektive eigenständig werden.
Die Ukraine werde nicht auf diese Forderungen eingehen, solange sie nicht brutal dazu gezwungen werde, schätzt David Nauer. «Faktisch verlangt der Kreml, dass die Ukraine kapituliert, dass sie Teile ihres Staatsgebiets und auch ihre politische Unabhängigkeit abgibt.» An einen Staat, der sie soeben eben militärisch überfallen hat. Und die Ukrainer sind zu einer solchen Kapitulation nicht bereit.
Beim Treffen ging es nicht nur um die grossen Konfliktthemen, sondern auch um die konkreten Sachen im Krieg: eine mögliche Waffenruhe, Flucht, Korridore für die Bevölkerung. Warum ist es nicht mal möglich, auf humanitärer Ebene etwas zu erreichen?
«Die Ukraine sagte heute, dass der russische Aussenminister Lawrow gar kein Mandat des Kremls dazu gehabt habe. Ob das wirklich stimmt, weiss ich nicht. Aber es ist offenkundig, dass der Angreifer, die Russen, die Verpflichtung hätte, seine Attacken mindestens vorübergehend einzustellen, damit Zivilisten fliehen können», erklärt der Russlandexperte.
Allerdings habe man schon in anderen Kriegen gesehen, etwa in Syrien oder Tschetschenien, dass das russische Militär oft keine Rücksicht auf Zivilisten nehme. «So scheint es leider auch in diesem Krieg in der Ukraine zu sein.