Die Republik Moldau könnte die nächste Ukraine werden, meinte Anfang Jahr der russische Aussenminister Sergej Lawrow. Ein Strategiepapier aus dem Kreml zeigte vor kurzem, wie Moskau die ehemalige Sowjetrepublik zwischen der Ukraine und Rumänien wieder unter seine Fuchtel bringen will. In Moldau ist tagtäglich zu beobachten, wie Russland versucht, das Land zu destabilisieren.
«Seit Russland die Ukraine überfallen hat, sehen wir eine Explosion von hybriden Attacken gegen unser Land», sagt Innenministerin Ana Revenco. «Der Druck auf die Republik Moldau ist so gross wie noch nie.»
«Russland will eine hörige Regierung»
Dabei fürchtet die Innenministerin nicht unbedingt, dass russische Panzer ins Land rollen. Moskau wolle in erster Linie die pro-europäische Regierung stürzen – die Regierung, zu der sie gehört. «Das Beste für Russland wäre eine hörige Regierung, eine, die brav den Anweisungen aus Moskau folgt», sagt Revenco.
In Transnistrien, der russland-freundlichen Separatistenrepublik auf moldauischem Boden, gibt es so eine Regierung. Dort sind hunderte russische Soldaten stationiert. Sie gehören schon seit zwei Jahrzehnten zur russischen Drohkulisse gegen die Republik Moldau. Auch die Drohung, Moldau kein russisches Gas mehr zu liefern und das Land damit in eine Energiekrise zu stürzen, setzte Moskau schon vor dem Ukrainekrieg ein.
Fake News sind in der Republik Moldau eine der stärksten Waffen Moskaus.
Neu sei hingegen, wie intensiv Russland versuche, das Land zu destabilisieren, sagt die Innenministerin und gibt Beispiele. Russische Saboteure lösten mit Anrufen und E-Mails hunderte falsche Bombenalarme aus in Schulen, auf dem einzigen internationalen Flughafen oder an Gerichten. Dazu kommen Hackerangriffe, welche die Computer von Behörden lahmlegen. «So torpedieren russische Saboteure das Funktionieren staatlicher Institutionen.»
Vor allem aber versuche Russland tagtäglich, die moldauische Gesellschaft mit Falschinformationen zu spalten. «Fake News sind in der Republik Moldau eine der stärksten Waffen Moskaus», sagt Revenco.
Empfänglich für russische Fake News
Dass das Land so empfänglich ist für russische Propaganda, liegt daran, dass es in Moldau eine grosse russischsprachige Minderheit gibt, die Sympathien hegt für den russischen Angriff auf das Nachbarland Ukraine. Die moldauische Regierung halte dagegen mit eigenen Informationsangeboten und mit Schnelligkeit.
Als zum Beispiel im Februar ein Papier auftauchte, das wohl zeigt, wie Russland die Demokratie in der Republik Moldau zerschlagen will, informierte die moldauische Präsidentin Maia Sandu sofort in einer Ansprache am Fernsehen. «Durch schnelle Kommunikation können wir vermeiden, dass moskautreue Gruppen die Deutungshoheit übernehmen», sagt Innenministerin Revenco.
Andere Massnahmen seien unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit problematischer, gibt sie zu: Die moldauische Regierung hat zum Beispiel mehrere Fernsehkanäle verboten, die russlandfreundliche Berichte sendeten. In den sozialen Netzwerken hingegen habe ihre Regierung den Angriffen oft zu wenig entgegenzusetzen, gibt die Innenministerin zu.
Dass es der moldauischen Regierung dennoch gelungen ist, die Ruhe im Land einigermassen zu wahren, ist auch der grossen Unterstützung durch den Westen zu verdanken.