Zum Inhalt springen

Nach Chaos bei Geiselübergabe Palästinensische Häftlinge werden nach Verzögerungen freigelassen

  • Busse mit palästinensischen Häftlingen sind nach einer Verzögerung aus dem israelischen Ofer-Gefängnis nahe Ramallah losgefahren.
  • Videobilder zeigten, wie die Busse von israelischen Militärfahrzeugen begleitet wurden. Angehörige warteten in Ramallah ungeduldig auf die Gefangenen.
  • Aus Empörung über chaotische Szenen bei der Freilassung israelischer Geiseln in Chan Junis hatte Israel die Freilassung der Häftlinge zunächst aufgeschoben.

Die palästinensischen Häftlinge werden im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gegenzug für drei israelische Geiseln aus der Haft entlassen, die zuvor im Gazastreifen freigekommen waren.

Personengruppe vor einem Gefängnisgebäude mit Wachturm.
Legende: Die palästinensischen Häftlinge wurden aus dem israelischen Ofer-Gefängnis in Ramallah freigelassen. REUTERS/Jamal Awad

Angehörige warteten in Ramallah ungeduldig auf die Gefangenen. Die israelische Armee wollte allerdings Freudenfeiern im Westjordanland verhindern. Insgesamt sollen 110 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden, darunter auch mindestens 30 wegen Mordes Verurteilte sowie einige Frauen und Minderjährige.

Geiseln in Spitäler gebracht

Für fünf thailändischen Geiseln, die ebenfalls freikamen, werden keine palästinensischen Häftlinge entlassen. Israelische Medien meldeten, sie kämen im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Hamas und Thailand frei.

Die zuvor insgesamt acht von Islamisten im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln wurden gegen Mittag nach 482 Tagen freigelassen. Bei der Übergabe entstanden chaotische Szenen. Nach ihrer Freilassung im Gazastreifen wurden die Geiseln in verschiedene Spitäler in Israel gebracht.

Dramatische Geiselübergabe

Box aufklappen Box zuklappen

Aufnahmen von Al-Dschasira aus Chan Junis zeigten, wie die Deutsch-Israelis langsam durch eine grosse, dicht gedrängte und laut schreiende Menschenmenge laufen mussten. Viele Palästinenser versuchten, eine weibliche Ex-Geisel mit ihren Handys zu fotografieren. Vermummte und bewaffnete Islamisten begleiteten und beschützten sie. Ein Kämpfer hielt die Hand der verängstigt wirkenden Frau. Israelische Fernsehkommentatoren sprachen in Anlehnung an den Kreuzweg Jesu von einer «Via Dolorosa». 

Die «Zeremonie» fand neben dem zerstörten Haus des im Oktober getöteten Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar statt. Eine riesige jubelnde Menschenmenge drängte sich zwischen den Trümmern der Stadt um die bewaffneten und vermummten Islamisten und die Fahrzeuge mit den Geiseln. 

Die zuvor freigelassene 20-jährige israelische Soldatin musste auf einer Bühne einer Menge zuwinken. Ihre Familie in Israel verfolgte die Zeremonie im Fernsehen und reagierte mit Tränen und begeistertem Jubel auf den Anblick der jungen Frau. 

Die chaotische Übergabe der zwei Deutsch-Israelis, einer israelischen Soldatin und fünf thailändischen Staatsangehörigen führte zu einer zeitweiligen Verschiebung der Übergabe palästinensischer Häftlinge.

Netanjahu forderte Garantien

Die palästinensischen Häftlinge kämen erst frei, wenn künftig eine sichere Freilassung von israelischen Geiseln gewährleistet werde, hatte das Büro des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu mitgeteilt. Unterhändler sagten daraufhin laut Israel einen sicheren Ablauf bei künftigen Freilassungen zu.

«Dies ist ein weiterer Beweis für die unvorstellbare Grausamkeit der Terrororganisation Hamas», sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Angaben seines Büros angesichts der «schockierenden Szenen» bei der Geiselübergabe. 

Luftaufnahme von Menschenmenge, umgeben von Krankenwagen.
Legende: Das Chaos bei der Freilassung mehrerer Geiseln hatte Konsequenzen bei der Erfüllung des israelischen Parts der Vereinbarung. Reuters/Stringer

Netanjahu rief demnach die Staaten, die das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hamas vermittelt haben, dazu auf, dafür zu sorgen, dass sich derartige Szenen nicht wiederholen und zukünftig die Sicherheit der Geiseln gewährleistet wird. 

Was ausgehandelt wurde

Box aufklappen Box zuklappen

Nach der Übergabe der acht Entführten werden noch rund 80 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Das am 19. Januar in Kraft getretene Abkommen über eine Waffenruhe sieht vor, dass in einer ersten Phase innerhalb von sechs Wochen 33 Geiseln im Austausch für 1904 palästinensische Häftlinge freigelassen werden – sieben Geiseln kamen bereits an den vergangenen beiden Wochenenden frei.

Die Hamas teilte zuletzt mit, dass acht der 33 Geiseln tot seien. Um welche Geiseln es sich genau handelt, liess die Terrororganisation jedoch offen.

Der israelische Präsident Izchak Herzog sprach von «Szenen der Misshandlung und des Terrors». Dennoch rühre die Rückkehr der insgesamt acht Geiseln aus der Gefangenschaft zu Tränen, so Herzog.

SRF 4 News, 30.01.2025, 13:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel