Wie weit ist die Regierungsbildung in Österreich? Vor fast drei Monaten wurde in Österreich der Nationalrat neu gewählt. Die rechtsnationale FPÖ wurde die stärkste Partei. Doch weil keine andere Partei mit den Rechtspopulisten unter der Führung von Herbert Kickl zusammenarbeiten will, vergab Bundespräsident Alexander Van der Bellen entgegen den bisherigen Gepflogenheiten den Regierungsbildungsauftrag an Kanzler Karl Nehammer von der ÖVP. Doch eine neue Regierung gibt es in Österreich trotzdem noch nicht.
Man erwartet in der Weihnachtszeit eine Grundsatzeinigung, ob es zu einer Regierung dieser drei Partien kommen wird.
Aus welchen Parteien könnte die Regierung entstehen? Die drei Partien ÖVP, SPÖ und Neos versuchen, zusammen eine Koalitionsregierung zu bilden. «Heute trifft sich die sogenannte Steuerungsgruppe, das oberste Gremium dieser drei Partien», sagt Peter Voegeli, SRF-Auslandredaktor. «Man erwartet in der Weihnachtszeit eine Grundsatzeinigung, ob es zu einer Regierung dieser drei Partien kommen wird.»
Was ist das Problem? Österreich hat ein grosses Budgetproblem. Die neue Regierung hat daher nichts zu verschenken. Und so richtig passten die drei Parteien auch nicht zusammen, sagt Voegeli. Ein Beispiel dafür ist die Vermögenssteuer: Die Sozialdemokraten wollen sie einführen, ÖVP und Neos sind strikt gegen diese Abgabe und ganz generell auch gegen Steuererhöhungen.
Was, wenn sie sich nicht einigen können? Der amtierende Bundeskanzler Nehammer hat sich festgelegt, nicht mit Herbert Kickl zusammenarbeiten zu wollen. Wenn nun diese Dreierkoalition nicht zustande kommt, verliert er seine Position in der Partei. Dies gelte auch für den Chef der SPÖ, Andreas Babler, sagt Peter Voegeli.
Was ist mit der FPÖ? Die FPÖ hat 2024 in allen Wahlen klar gewonnen, sei es bei der Europawahl, der Nationalratswahl und den Landtagswahlen in der Steiermark und im Vorarlberg. Sie sei in fünf von neun österreichischen Bundesländern in der Regierung, so Voegeli. Eventuell kommt im Januar ein sechstes Bundesland dazu, falls die FPÖ im Burgenland einen Machtwechsel herbeiführen kann.
Inhaltlich ist die FPÖ noch nicht auf dem Weg zur Volkspartei, aber demografisch hat sie die Mitte der Gesellschaft altersmässig erfasst.
Warum ist die FPÖ so stark? Voegeli verweist auf die allgemeine Unzufriedenheit viele Menschen in Österreich. Es seien viel mehr Leute unzufrieden als normalerweise. Dabei gehe es unter anderem um die Inflation und um die Energiepreise. «Inhaltlich ist die FPÖ noch nicht auf dem Weg zur Volkspartei, aber demografisch hat sie die Mitte der Gesellschaft altersmässig erfasst», sagt der Auslandredaktor.
Gibt es Parallelen zur Situation in Deutschland? In Deutschland habe man versucht, eine Brandmauer gegen die AfD zu bauen, sagt Voegeli. In Österreich hingegen habe man die Rechtspopulisten einzubinden versucht. «Beides hat nichts gebracht.»