- Nach der Europawahl beraten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union über das künftige Spitzenpersonal der EU.
- Beim Gipfeltreffen in Brüssel haben sich die Beteiligten nicht abschliessend auf die Neubesetzung von EU-Spitzenposten einigen können.
- Ursula von der Leyen kann sich damit noch nicht ganz sicher sein, ob sie für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin nominiert wird.
- Ende nächster Woche findet ein weiterer Gipfel statt, dann stehen die endgültigen Entscheidungen an.
Damit von der Leyen eine zweite Amtszeit antreten kann, muss sie von den Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehrheit dem Parlament als Kandidatin vorgeschlagen werden. Es müssen neben den 13 Staats- und Regierungschefs, die wie von der Leyen der EVP-Parteienfamilie angehören, noch mindestens drei weitere Chefs von grossen Mitgliedstaaten für sie stimmen.
Für die notwendige Wahl im Europäischen Parlament ist sie auf die Unterstützung anderer Parteienfamilien wie den Sozialdemokraten und Liberalen angewiesen, die bei der Europawahl hinter der EVP zweit- und drittstärkste Kraft geworden sind. Diese dürften im Gegenzug erwarten, andere Spitzenposten besetzen zu dürfen.
Rasche Entscheidung?
Der liberale Niederländer Mark Rutte scheint schon überzeugt: «Ich denke, sie ist eine exzellente Kandidatin für die nächste Legislatur.» Frankreichs Präsident Emmanuel Macron galt als einer, der von der Leyen womöglich infrage stellt. Nach der EU-Wahlschlappe gegen die französischen Rechtsaussenkräfte macht er aber derzeit keine Anstalten, das EU-Gefüge aufzumischen.
Auch der Sozialdemokrat Olaf Scholz zeigte sich in Interviews nicht abgeneigt, von der Leyen zu stützen. Er stellte sich vor dem Gipfel zwar nicht öffentlich hinter von der Leyen, sagte aber, die Europawahl habe eine «stabile Mehrheit» für das Mitte-Rechts-Bündnis EVP, die Sozialdemokraten und die Liberalen gebracht. Deshalb sei er sich ganz sicher, dass man in kürzester Zeit zwischen den politischen Familien und Länder Verständigung erzielen könne.
Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hielt sich eine Entscheidung zunächst offen. «Der Vorschlag ist Sache der EVP, und wenn er vollständig vorliegt, werden wir unsere Bewertungen vornehmen», sagte sie zum Abschluss des G-7-Gipfels in Süditalien. Für sie sei wichtig, dass Italien in der neuen Kommission «angemessen» berücksichtigt werde. Zudem müsse klar werden, «dass Europa die Botschaft der Europawahlen verstanden hat».
Posten: Ratschef und EU-Aussenbeauftragte
Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs wird auch über den künftigen Vorsitzenden des Europäischen Rates und den Posten des EU-Aussenbeauftragten verhandelt. Als möglicher Kandidat für den Ratschef-Posten gilt derzeit der frühere portugiesische Regierungschef António Costa. Als neue EU-Aussenbeauftragte ist die estnische Regierungschefin Kaja Kallas im Gespräch.
Costa gehört wie Bundeskanzler Olaf Scholz der Parteienfamilie der Sozialisten und Sozialdemokraten an, Kallas ist wie der französische Präsident Emmanuel Macron bei den Liberalen.
Regulärer Gipfel Ende kommender Woche
Ende kommender Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs erneut in Brüssel, dieses Mal zu einem regulären Gipfel. Im Idealfall ist die Personalplanung dann schon unter Dach und Fach und muss nur noch formell bestätigt werden.