Auf dem Grossen Bazar in Teheran finden Iranerinnen und Iraner fast alles, was das Herz begehrt: von Teppichen über Süssigkeiten bis hin zu Tschadors, den grossen, schwarzen Verhüllungsgewändern für Frauen.
Ein grosses Thema im Grossen Bazar ist die Präsidentschaftswahl. Aufgrund des Kandidatenfelds ist für die meisten Beobachter schon vorher klar, wer das Rennen machen und die Nachfolge des aktuellen Präsidenten Hassan Rohani antreten wird: Ebrahim Raisi, der erzkonservative Kleriker und heutige Justiz-Chef.
Aus den knapp 600 Bewerberinnen und Bewerbern hat der Wächterrat nämlich nur sieben Kandidaten ausgewählt, die zur Wahl zugelassen werden. Diverse aussichtsreiche Anwärter der Reformer und auch dutzende Frauen wurden so schon von vornherein ausgeschlossen.
Es geht darum, dass eine Minderheit der Mehrheit ihren Willen aufzwingen will.
Einer der ausgeschlossenen Kandidaten ist Mostafa Tajzadeh: Der 64-jährige Reform-Politiker setzt sich ein für Frauenrechte und eine Öffnung des Iran. Für sein politisches Engagement sass er bereits sieben Jahre im Gefängnis. Zur Wahl sagt er: «Alle Kandidaten, die eine Chance gehabt hätten gegen den konservativen Raisi, wurden vom Wächterrat ausgeschlossen. Für mich ist die Wahl darum ein ‹Wahl-Putsch›. Es geht darum, dass eine Minderheit der Mehrheit ihren Willen aufzwingen will.»
Tajzadeh plädiert dafür, dass sich eine neue Regierung auf eine nationale Aussöhnung hinarbeitet: «Sonst wird es viele Probleme geben – mit anderen Ländern, aber vor allem auch im Iran selber.»
Ebrahim Raisi – Favorit mit dunkler Vergangenheit
Favorit Raisi ist eine umstrittene Figur. Er steht in der Kritik, für Massen-Exekutionen in den 80er-Jahren mitverantwortlich zu sein. Im Wahlkampf gibt er sich jedoch versöhnlich: «Das Vertrauen der Leute in die Regierung ist vielleicht so tief wie seit Jahren nicht mehr und schwer beschädigt. Wir brauchen dringend die Unterstützung der Menschen in unserer Gesellschaft – immer und überall.»
Für Raisis Anhänger ist klar, dass der 60-Jährige bestens geeignet ist für das Präsidentenamt: «Die liberale Regierung der letzten acht Jahre war wirklich hart zu den Menschen», so ein Supporter Raisis gegenüber SRF: «Deshalb hoffe ich, dass die nächste Regierung wieder mehr an den Gedanken der iranischen Revolution glaubt. Dass so jemand an die Macht kommt und bessere Tage für den Iran bringt.»
Unabhängige Vorwahlbefragungen gibt es im Iran nicht. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Wahlbeteiligung so tief sein könnte wie noch nie seit der Gründung der Islamischen Republik vor über 40 Jahren. Das bestätigen auch Gespräche mit den Menschen auf dem Grossen Basar. Adele, eine junge Frau, spricht das aus, was wir in diesen Tagen von vielen zu hören bekommen: «Nein, ich werde nicht wählen gehen. Unsere Stimmen werden schlicht nicht gehört. Die Entscheidung ist bereits gefallen.»