Ein Tag nachdem die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel brutal angegriffen hatte, begann die libanesische Hisbollah-Miliz Israel mit Raketen zu beschiessen. Der inzwischen getötete Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah verkündete: Die Hisbollah werde damit erst aufhören, wenn Israel seinen Krieg im Gazastreifen einstelle. Der Plan des inzwischen ebenfalls getöteten Hamas-Chefs Yahya Sinwar schien aufzugehen: dass sich alle von Iran bewaffneten Gruppierungen einen würden in der grossen Schlacht gegen Israel.
Mit der Planung eines Grossangriffs auf Israel hatte die Hamas 2021 begonnen. Das zeigen Dokumente, welche der israelischen Armee im Gazastreifen in die Hände fielen und deren Echtheit unter anderem die «New York Times» überprüfte. Der Angriff war 2022 geplant, aber Yahya Sinwar verschob ihn mehrmals: Er wollte zuerst Iran an Bord holen und Irans mächtigste Terrormiliz, die Hisbollah im Libanon.
Iran brauchte mehr Zeit, Hamas konnte nicht warten
Laut den geheimen Dokumenten zeigte sich ein iranischer Kommandant im Prinzip bereit, der Hamas zu helfen. Iran brauche aber mehr Zeit. Wie detailliert die Pläne waren, welche die Hamas Iran vorlegte, und ob die Hamas auch direkt mit Hisbollah-Chef Nasrallah darüber sprach, ist bis heute unklar.
Klar ist jedoch: Die Hamas glaubte, Iran und die Hisbollah würden ihren Angriff unterstützen. Und warten mochte Sinwar nicht mehr: Israel machte grosse Fortschritte mit Normalisierungsabkommen mit arabischen Staaten, die Sinwar unter allen Umständen verhindern wollte.
Staat Palästina in weiter Ferne
Wie sehr sich die Hamas verschätzt hat, ist spätestens mit der Waffenruhe zwischen der Hisbollah und Israel klargeworden. Nachdem Israel Libanon fast zwei Monate lang bombardiert und praktisch die ganze Hisbollah-Führung getötet hatte, liess die Hisbollah ihre Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen fallen.
Iran, der Israel im vergangenen Jahr zweimal direkt mit Raketen angegriffen hatte, lobte den Waffenstillstand. Die Angriffe der Houthi-Miliz im Jemen haben nachgelassen. Der Gazastreifen ist fast komplett zerstört, die Hamas-Führung tot, und eine Waffenruhe für die leidende palästinensische Bevölkerung ist nicht in Sicht, eine Zukunft in einem eigenen Staat erst recht nicht.
Die Hamas steht isoliert da. Und mit ihr die Palästinenserinnen und Palästinenser, welche einmal mehr leidvoll erfahren haben, dass sie der «bewaffnete Widerstand», auf den sie in den letzten Jahrzehnten immer wieder gesetzt haben, nicht befreien wird.