«Endlich ist es so weit, dass der Beschuss in Gaza aufhört», sagt Amal am Telefon. Das freue sie. «Doch die ausgehandelten Details der Waffenruhe machen mich einfach nur wütend.»
Warum? Das hat mit Amals Geschichte zu tun: Vor etwa einem Jahr ist sie – deren Name eigentlich anders lautet – mit ihren Kindern aus Gaza nach Ägypten geflohen.
Ihr Mann folgte später, weil für die gemeinsame Flucht das Geld nicht reichte. Eine erwachsene Person musste damals über 5000 Dollar bezahlen, um Gaza verlassen zu können. Kinder kosteten die Hälfte.
Fliehen konnte nur, wer sich das leisten konnte. «Jene, die in Gaza zurückgeblieben sind, sind völlig mittellos», sagt Amal.
Kein Bleiberecht in Ägypten
In Ägypten waren sie zwar in Sicherheit, doch ihre Irrfahrt war damit nicht beendet. Das Visum war nur 45 Tage gültig. Und so waren Amal und ihre Familie schon bald illegal in Ägypten – wie viele der gut 80'000 anderen Geflüchteten aus dem Gazastreifen.
Ihre Kinder konnten deswegen nicht in die öffentliche Schule gehen. Amal hatte online zwar weiterhin Arbeit und brachte damit ihre Familie über die Runden. Doch eine Lösung war Ägypten für ihre Familie nicht.
Und so beschloss sie Anfang Dezember, Ägypten zu verlassen. Sie bezahlten am Flughafen eine saftige Busse, weil sie sich zu lange im Land aufgehalten hatten, und flogen nach Südafrika.
Viel Support in Südafrika
Südafrika unterstütze Palästina wie kein anderes Land, betont Amal. So habe es etwa gegen Israel wegen mutmasslichen Verstosses gegen die Völkerrechtskonvention vor dem internationalen Strafgerichtshof ein Verfahren angestrebt.
Zudem erhielten Palästinenserinnen und Palästinenser in Südafrika ihr Visum direkt bei der Ankunft und könnten umgehend einen Asylantrag stellen. Das habe sie überzeugt. Im Moment suchten sie Arbeit und wohnten etwa eine Stunde von Johannesburg entfernt auf dem Land.
Eine solche Feuerpause hätten die Parteien viel früher aushandeln können, mit weitaus weniger Opfern und weniger Zerstörung.
Es sei sehr ruhig hier, im Vergleich zu Kairo und zu Gaza. «Die Kinder können im Freien spielen. Sie wollen gar nicht mehr zurück.» Sie könne das den Kindern nicht übel nehmen. Denn zurück nach Gaza, oder dem, was von Gaza übriggeblieben ist, will auch Amal nicht.
Ihr Leben, das sie vor dem 7. Oktober 2023 führten, gebe es heute nicht mehr. Alles habe sich geändert. Und genau das macht Amal so wütend auf das Abkommen, welches die Hamas und Israel nun ausgehandelt haben.
«Das Abkommen wird unserem Leiden nicht gerecht. Eine solche Feuerpause hätten die Parteien viel früher aushandeln können, mit weitaus weniger Opfern und weniger Zerstörung», sagt Amal.
Kritik auch an der Hamas
Und: Im Abkommen stehe kein Wort darüber, wie man in Gaza künftig leben könnte. Schuld hätten alle Beteiligten: Israel, die USA, aber auch die Hamas, betont Amal.
Das, was die militante Gruppierung «Widerstand» nenne, habe schliesslich dazu geführt, dass Gaza nun kleiner geworden sei und noch weniger Menschen dort wohnten als zuvor.
Die Palästinenser und Palästinenserinnen im Land zu bewahren sei mehr Widerstand als über die Grenze zu gehen und Geiseln zu nehmen, sagt Amal. Was immer die Hamas damit erreichen wollte, habe der palästinensischen Sache nichts gebracht.
Und so hinterlässt das Abkommen über die Waffenruhe bei Amal einen mehr als fahlen Beigeschmack. Für sie und ihre Familie gibt es derzeit jedenfalls keine besser Alternative, als in Südafrika nochmals neu anzufangen.