Kaum war Luiz Inácio Lula da Silva im Amt, machte er klar: Regenwaldschutz sei in Brasilien ab sofort Staatsangelegenheit. Für «null Abholzung» wolle er kämpfen und wurde dafür von seinen Anhängern bejubelt. Applaus kam auch aus dem Ausland.
Die organisierte Kriminalität beherrscht Teile des Regenwalds
Doch es ist eine schwierige Aufgabe, die der neuen Regierung bevorsteht. Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat die Möglichkeiten, Umweltverbrechen zu ahnden, systematisch reduziert, etwa durch das Schwächen von Gesetzen oder das Streichen von Geldern. Längst sind Goldgräber und Holzfäller weiter in die Amazonasregion vorgedrungen als je zuvor.
In vielen Gegenden hat die organisierte Kriminalität übernommen, der Staat keine Handhabe mehr. Bevor also in Sachen Regenwaldschutz wirklich etwas passieren kann, muss der Staat erst wieder die Kontrolle über die Amazonasregion gewinnen. Das bedeutet unter anderem: Institutionen stärken, Schlüsselpositionen neu besetzen.
Mangelnde Unterstützung auf regionaler Ebene
Das wird nicht einfach, hat Lulas Koalition doch im Parlament keine Mehrheit und auch auf regionaler Ebene fehlt es ihm an Unterstützern. Die Gouverneure einiger Schlüsselregionen dürften am Umweltschutz wenig interessiert sein; ein gutes Verhältnis mit dem Agrarsektor und der Holzindustrie dürfte ihnen wichtiger sein.
Der neue Präsident hat dennoch schon jetzt wichtige Zeichen gesetzt, etwa mit der Ernennung von Marina Silva zur Umweltministerin. Silva hatte dieses Amt schon einmal inne, von 2003 bis 2008, mit Lula als Präsident. Damals konnte die massive Abholzung um 80 Prozent reduziert werden. Doch Silva weiss: Die Situation ist heute komplexer als damals. Sie forderte bereits mehr Geld, mehr Personal.
Da Bolsonaro es vorzog, vor Jahresbeginn in die USA zu fliegen und Lulas Amtsantritt zu verpassen, bekam der neue Präsident die Schärpe unter anderem von Raoni Metuktire umgehängt, Vorkämpfer für die Rettung des Amazonas und Häuptling des indigenen Kayapo-Volkes.
Es ist ein weiteres Signal in Sachen Regenwaldschutz, genau wie die Einrichtung eines Ministeriums für indigene Angelegenheiten. Ureinwohner schützen ihre Gebiete oft besser als der Staat, sie verteidigen sie zudem gegen Eindringlinge wie Holzfäller oder Bergbaufirmen. In den letzten Jahren hatten sie dabei einen besonders schweren Stand. Nun hat der neue Präsident als eine der ersten Amtshandlungen ein Dekret Bolsonaros annulliert, das Goldgräbern das Vordringen in Schutzgebiete ermöglicht hatte.
Lula ist ausserdem mit dem Angebot, die Weltklimakonferenz COP30 im Jahr 2025 in der brasilianischen Amazonasregion durchzuführen, nach vorne geprescht. Was vielversprechend klingt, geht jedoch möglicherweise mit Schwierigkeiten einher: Ausgerechnet in dieser Region konnte Lula nur wenige Wählerstimmen gewinnen und hat die lokale Politik nicht auf seiner Seite.
Aus dem Ausland hat die neue Regierung dennoch bereits einen Vertrauensvorschuss bekommen. Deutschland hat eingefrorene Gelder für den Amazonas-Schutzfonds freigegeben, für Lula ein gutes Startsignal. Er braucht die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, wenn seine Regierung überhaupt eine Chance haben soll, die «Lunge der Welt» zu retten.