Der aussenpolitische Ausschuss des EU-Parlaments stellt heute Donnerstag in Brüssel seinen Bericht zu den Beziehungen der EU mit der Schweiz vor. Am Nachmittag treffen sich auch die jeweiligen Delegationen der Parlamente der EU und der Schweiz zu einer Aussprache, unter anderem auch über die laufenden Sondierungsgespräche zwischen der EU-Kommission und der Schweizer Staatssekretärin Livia Leu. Lukas Mandel – Berichterstatter dieser Kommission – stellt den Bericht vor.
SRF News: Was ist die Botschaft des Europaparlaments an die Schweiz?
Lukas Mandl: Die Botschaft des Europäischen Parlaments richtet sich in erster Linie an die Europäische Kommission und an den Europäischen Rat der mitgliedstaatlichen Regierungen. Sie lautet: Breite walten zu lassen. Wir sollten nicht in die Sackgasse geraten, in die die abgebrochenen, gescheiterten Rahmenvertragsverhandlungen geführt haben. Vielmehr sollten wir sehen, was die Schweiz und die EU gemeinsam haben und was wir in der Friedenspolitik, in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und bei Forschung und Wissenschaft gemeinsam schaffen können.
Was ist das Zwischenfazit aus Ihrem Bericht?
Das Zwischenfazit ist im Entwurf zum Schweizbericht des Europäischen Parlaments ersichtlich. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Europäischen Parlament sind jetzt überparteilich gefordert, Anträge einzubringen.
Im vorliegenden Berichtsentwurf führe ich die institutionellen Fragen an letzter Stelle auf.
Das Fazit drückt sich unter anderem auch darin aus, dass ich im Berichtsentwurf die institutionellen Fragen an letzter Stelle aufführe. Diese Fragen haben in der Vergangenheit immer wieder in die Sackgasse geführt. Es geht mehr um die grossen europäischen Fragestellungen.
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Es geht auch um den Machtblock Europa, in dem die Schweiz ihre Position finden muss. Sind Sie zuversichtlich, dass man da auf eine Lösung kommt, die eine engere Zusammenarbeit ermöglicht?
Ich bin Zweckoptimist. Wenn alle politischen Akteurinnen und Akteure sehen, dass ihre Aufgabe ist, für die Bürgerinnen und Bürger eine stabile Zukunft und Sicherheit möglich zu machen und unsere Art der Zivilisation zu erhalten, so muss es doch gelingen, dass die Schweiz und EU angesichts der geopolitischen Plattenverschiebungen zusammenhalten.
Es wird oft unterschätzt, was die Schweiz geopolitisch, friedenspolitisch, diplomatisch leistet.
In vielen Politikbereichen wie dem Klimawandel werden wir als Menschheit nichts erreichen, wenn wir nicht als Europa zusammenhalten. Und da spielt die Schweiz eine entscheidende Rolle. Es wird oft unterschätzt, was die Schweiz geopolitisch, friedenspolitisch, diplomatisch leistet.
Wo sehen Sie die grössten Hürden auf diesem Weg?
Sich technokratisch an die bilateralen Verträge zu binden, wäre falsch. Es wäre auch falsch, sich an die Tagesordnung der Rahmenvertragsverhandlungen zu halten, denn diese sind ja gescheitert. Daraus muss man lernen.
Trotzdem muss man als Beobachter feststellen: Es tauchen immer die gleichen Fragen auf.
Ich glaube, dass man zu direkt von mehreren Seiten gegen die jeweilige Wand gelaufen ist. Man kann aber Türen finden. Man kann das Gemeinsame suchen und nicht primär das Trennende. Ich will trotzdem nicht naiv an die Sache herangehen. Es ist klar, dass ein gemeinsamer Markt einen gemeinsamen Gerichtsstand braucht. Das ist wichtig für den Binnenmarkt, in den die Schweiz voll integriert ist, von dem sie voll profitiert. Aber ich möchte eine solche Fragestellung nie alleine stehen lassen. Wir sollten immer integrieren, was die Schweiz als Teil Europas kulturell, diplomatisch und in den anderen schon genannten Bereichen leistet und beiträgt.
Das Gespräch führte Charles Liebherr.