Darum geht es: Tötungsdelikte an Frauen sollen in Italien härter bestraft werden – das kündigte die italienische Regierung vergangene Woche am Weltfrauentag an. Ihr Gesetzentwurf erklärt den Femizid zu einem eigenen Straftatbestand. Das heisst: Wer eine Frau tötet – weil sie eine Frau ist – muss in Zukunft mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Der Entwurf muss noch das Parlament passieren und von beiden Kammern verabschiedet werden. Femizide sind in Italien seit einigen Jahren ein brisantes Thema. Allein im Jahr 2024 gab es in Italien nach Angaben des Innenministeriums 113 Femizide, 99 davon wurden von Verwandten, Partnern oder Ex-Partnern begangen.
Das beinhaltet der Gesetzesentwurf: Der Entwurf sieht vor, dass Femizide künftig als eigener Straftatbestand gelten und grundsätzlich mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft werden – ein Automatismus, der bei allen anderen Tötungsdelikten fehlt. Die italienische Regierung will auch die Strafen für weitere Delikte verschärfen, die sich gegen Frauen richten. Unter anderem sollen sexuelle Gewalt, Drohungen und Hassbotschaften härter bestraft werden. Das Strafmass kann bei diesen Delikten um ein bis zwei Drittel erhöht werden. Zudem sollen Opfer künftig nicht nur von der Polizei, sondern auch von einem Staatsanwalt oder einer Staatsanwältin befragt werden.
Deshalb wehren sich linke Parteien dagegen: Die italienische Linke sei nicht fundamental gegen dieses Gesetz, sagt Franco Battel, SRF-Korrespondent in Italien. «Die Linke sagt: Dieses Gesetz allein genügt nicht. Es reiche nicht, wenn man einfach ein neues Delikt schafft, den Femizid, und dann die Strafen dafür erhöht.» Die Linke fordere auch eine andere Kultur im Umgang der Geschlechter in Italien. «Es brauche mehr Prävention, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis», so die Linke laut Battel.
Wird das neue Gesetz etwas ändern? Wenn das Gesetz im Parlament eine solide Mehrheit findet, wovon Battel angesichts der konservativen Mehrheit in beiden Kammern ausgeht, wird das Gesetz seiner Meinung nach etwas ändern. Jedoch nur im Verbund mit anderen Massnahmen. «Es bräuchte Schutzräume für bedrohte Frauen oder noch besser: Man müsste gewalttätige Männer rechtzeitig aus ihren Familien herausholen.» Auch eine schnelle Justiz sei nötig, die Massnahmen sofort umsetzen würde, sagt Battel. «Es bräuchte Personal, es bräuchte Infrastruktur, es bräuchte auch einen effizienten Staat. Und genau daran mangelt es in Italien, nicht überall, aber eben an vielen Orten.»
Gesellschaftlicher Wandel in Italien: Derzeit würde in Italien ein Wandel stattfinden, der sich auch zuoberst im italienischen Staat zeige, sagt Battel. «Früher kam es häufig vor, dass man auf den italienischen Strassen anzügliche Bemerkungen gegenüber Frauen hörte. Sie waren lange eine Art Kavaliersdelikt.» Heute würden diese viel seltener vorkommen und seien auch kein Kavaliersdelikt mehr, so Battel. Es gebe aber auch negative Aspekte: «Frauen verdienen in Italien im Durchschnitt immer noch deutlich weniger als Männer.» Auch der Beschäftigungsgrad der Frauen sei deutlich tiefer. «Viele Frauen sind immer noch ‹einfache Hausfrauen›. Das hängt damit zusammen, dass das Land über wenige Kinderkrippen verfügt. Hier müsste sich vieles ändern, damit man wirklich sagen könnte, Mann und Frau sind in Italien gleichberechtigt.»