In Italien spitzt sich die Lage wegen der anhaltenden Dürre weiter zu. In diversen Gegenden hat es seit rund vier Monaten nicht mehr geregnet, der Fluss Po weist den niedrigsten Pegelstand seit 70 Jahren auf. Für die Landwirtschaft hat das einschneidende Folgen. Die Wasserknappheit gefährdet etwa in den Regionen Piemont, Lombardei und Emilia-Romagna etliche Ernten.
Wir bitten unsere Schweizer Freunde, den Pegel des Lago Maggiore zu stützen. Dies soll durch die Stauseen in den Alpen passieren.
In der Provinz Parma zeigt sich Francesca Mantelli, Präsidentin «Consorzio della Bonifica Parmense», besorgt. Die Ernten der Region – also Tomaten, Mais und Futtermittel – sind gefährdet. «Dies sind alles Kulturen, die für die Wirtschaft hier von Bedeutung sind. Wiesen sind für die Fütterung der Kühe wichtig, die die Milch für den Parmigiano Reggiano produzieren», sagt Mentelli.
In Parma ist der Sitz jener Einrichtung, die das gesamte Becken überwacht. Hier werden Notlösungen gesucht. Dabei rückt die Schweiz in den Fokus. Meuccio Berselli, Generalsekretär der Behörde für das Einzugsgebiet Po, appelliert an die Schweiz: «Wir bitten unsere Schweizer Freunde, den Pegel des Lago Maggiore zu stützen. Dies soll durch die Stauseen in den Alpen passieren.» SRF-Korrespondent Marcel Niedermann gibt jedoch zu bedenken, dass die Stauseen derzeit nur zu weniger als einem Drittel gefüllt sind.
Lago Maggiore ist in Not
Der teilweise im Tessin und Italien liegende See versorgt die Po-Ebene mit Wasser. Jedoch: Am Lago Maggiore sind die Sandbänke so breit, wie kaum je zuvor. Das Gewässer ist im Juni mit einem Füllungsgrad von 22 Prozent auf einem historischen Tiefstand.
Wir können nur noch ein paar Tage liefern. Dann weiss ich nicht, wie es weitergehen soll.
Derzeit kann nur 50 Prozent der benötigten Wassermenge nach Italien fliessen, erklärt Doriana Bellani der italienischen Zeitung «La Stampa» am Wochende. «Und was noch viel schlimmer ist: Wir können nur noch ein paar Tage liefern. Dann weiss ich nicht, wie es weitergehen soll», zeigt sich Bellani alarmiert. Sie regelt den Pegel des Lago Maggiore. Genauer gesagt, sie gibt den Regulierungswehren bei Sesto Calende in der Region Varese (I) entsprechende Anweisungen.
Bellani macht den Job seit 46 Jahren und hat schon manche Hitzeperiode gesehen. «Aber dies ist die bei weitem schlimmste Krise überhaupt», sagt sie. Sie habe den Lago Maggiore nie reduzierter gesehen als jetzt. Wegen der Trockenheit entnehmen die italienischen Behörden aber immer noch mehr Wasser aus dem See, als reinfliesst, wie Tessin-Korrespondent Marcel Niedermann sagt. Der Pegel sinke weiter, bis zur kritischen Grenze.
Wird die Schweiz helfen?
«Der See hat den Po schon oft gerettet – wer aber rettet nun den Lago Maggiore?» Die Frage von Doriana Bellani ist nicht rhetorisch gemeint. Sie erklärt, es gebe nur zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es in Kürze starke Niederschläge, oder es muss eine politische Intervention erfolgen, die die Schweiz überzeugt, einen Teil ihres Wassers aus den Stauseen abzulassen.
Sie habe die Region Lombardei bereits darum gebeten, rasch entsprechende Massnahmen zu ergreifen, so Bellani. Man habe ihr erklärt, die Schweiz verweigere die Hilfe – mit der Begründung, man habe nicht genug Wasser, um es abzulassen. «Wir haben nur noch ein paar Tage», sagt Bellani erneut. Entweder Regen oder die Schweiz sollen helfen. In den kommenden 12 Tagen werden lediglich kurze Gewitter erwartet. Und der grosse Fluss ist zunehmend durstig.