Da das Lager Moria nach dem Brand nicht mehr bewohnbar ist, müssen die Flüchtlinge auf Strassen und Plätzen übernachten. Tausende, darunter Kinder, verbrachten so die vierte Nacht in Folge im Freien. Humanitäre und staatliche Organisationen verteilten Wasser und Lebensmittel.
Aktuell wird ein provisorisches Zeltlager errichtet. Das Lager entsteht auf einem Schiessübungsfeld der griechischen Armee. Das Gelände liegt nur wenige Kilometer nördlich der Inselhauptstadt Mytilini an der Küste. «Alle Menschen müssen dorthin gehen. Nur so werden wir sie richtig versorgen können», erklärte der stellvertretende Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos im Athener Nachrichtensender Skai.
Zahlreiche Flüchtlinge sagten aber Reportern vor Ort, sie wollten nicht ins provisorische Lager und sähen die Lage als Chance, ihre Abreise durchzusetzen. «Wir wollen nach Deutschland – nicht ins Lager», sagten viele. Bei spontanen Demonstrationen riefen Flüchtlinge «Freiheit, Freiheit».
Am Samstag setzte die Polizei erstmals Tränengas gegen eine Gruppe von Flüchtlingen ein, die ihren Unmut über ihre verzweifelte Lage zeigten. Die kurzzeitigen Spannungen brachen am Samstag aus, als Hunderte Migranten auf einer Strasse zum Hafen von Mytilini marschierten. Die Polizei hat den Zugang abgeriegelt.
Auf den Bildern aus Lesbos sind immer wieder Kinder zu sehen. Zehn europäische Staaten haben sich zur Aufnahme von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen bereit erklärt, von ihnen wollen allein Deutschland und Frankreich je 100 bis 150 übernehmen.
Nun fordert UNO-Generalsekretär António Guterres auf Twitter, die obdachlos gewordenen Menschen aufs Festland zu bringen. «Die Lösung liegt darin, sich um alle betroffenen Menschen zu kümmern, insbesondere die Verwundbarsten, und damit anzufangen, die Menschen auf das Festland zu bringen.»
Das Lager war in der Nacht zum Mittwoch bei mehreren zeitgleichen Bränden fast vollständig zerstört worden. Statt der vorgesehenen knapp 3000 Migranten waren dort mehr als 12'000 untergebracht. Einige sollen Feuer gelegt haben, nachdem für die Bewohner wegen Corona-Infektionen Quarantäne verordnet worden war.
Nach wie vor bewegen sich Dutzende Corona-Infizierte unter den Tausenden Migranten. Mindestens 35 Migranten waren vor dem Grossbrand positiv getestet worden. Sie tauchten nach dem Grossbrand unter.