- Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny soll nach seiner möglichen Vergiftung am Freitag zur Behandlung nach Deutschland geflogen werden, wie «Bild» online berichtet.
- Den Flug organisieren will der Filmproduzent Jaka Bizilj, Präsident der Stiftung Cinema for Peace, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Nawalny solle in der Charité in Berlin behandelt werden.
- Nawalny war in ein Spital in der sibirischen Stadt Omsk gebracht worden und ist dort auf der Intensivstation an ein Beatmungsgerät angeschlossen und liegt im Koma, teilte seine Sprecherin mit.
Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny war in Sibirien unterwegs. Vor der Abreise sei es ihm noch gut gegangen, sagte seine Vertraute Kira Jarmysch. Am Flughafen in Tomsk habe er noch eine Tasse Schwarztee getrunken. Während des Flugs habe er sich dann unwohl gefühlt und noch an Bord das Bewusstsein verloren.
Das Flugzeug mit dem 44-Jährigen an Bord sei daraufhin in der sibirischen Grossstadt Omsk notgelandet und Nawalny sei ins Spital gebracht worden.
Ich bin sicher, dass er absichtlich vergiftet wurde.
Die Sprecherin habe versucht, sich an Bord um ihn zu kümmern und ihn zu beruhigen. «Ich bin sicher, dass er absichtlich vergiftet wurde», sagte Jarmysch dem Radiosender Echo Moswky. «Dieser Zwischenfall ist der schwerste bisher», sagte sie weiter.
Jarmysch bringt den Vorfall mit anstehenden Kommunalwahlen in Russland im September in Verbindung. Derweil fordern erste Vertreter in Russland und der EU eine Untersuchung des Vorfalls.
Der leitende Arzt der Klinik bestätigte laut der russischen Nachrichtenagentur Tass, Nawalny befinde sich in einem ernsten, aber stabilen Zustand. Die Diagnose der Vergiftung wurde jedoch noch nicht bestätigt: «Eine Vergiftung ist eine von mehreren Diagnosen, die in Erwägung gezogen werden.» Die Tests liefen jedoch noch.
Auf den prominenten Anti-Korruptions-Kämpfer hatte es in der Vergangenheit schon Anschläge gegeben. So musste Nawalny vor einem Jahr während seiner Haftstrafe in einem Krankenhaus angeblich wegen eines Allergieschocks behandelt werden.
Nawalny betonte damals, dass er vergiftet worden sein könnte. In Russland waren mutmassliche Vergiftungen im politischen Milieu in der Vergangenheit immer wieder ein Thema.
Viele Feinde im Staatsapparat
«Natürlich gibt es noch keine Beweise, dass der Politiker wirklich vergiftet wurde. Aber, er wäre eben auch nicht der erste in Russland», meint SRF-Korrespondent David Nauer dazu. Das Umfeld von Nawalny vertraue den behandelnden Ärzten und dem Spital in Omsk wenig. Diese würden sich auffällig wortkarg geben und es sei bemerkenswert viel Polizei und angeblich sogar der Geheimdienst vor Ort: «Viele sagen, Nawalny müsse möglichst schnell für die Behandlung ins Ausland gebracht werden.»
Wenige hätten sich so viele Feinde im russischen Staat gemacht wie Nawalny. «Er greift hohe Beamte und Politiker direkt an und bezichtigt sie der Korruption», sagt Nauer. Sogar vor Putin mache er nicht halt. Und Nawalny sei als Oppositionspolitiker erfolgreich, das mache ihn für manche wohl gefährlich: «Er hat Charisma, eine grosse, echte Anhängerschaft, und ihm gelingt es, die Opposition zu einen.»
Alexej Nawalny organisierte in den vergangenen Jahren in Russland immer wieder landesweite Proteste. Seinem Aufruf folgten dabei Zehntausende – vor allem junge Menschen.