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Österreich nach der Wahl Nehammer gegen Kickl: politischer Stillstand in Österreich

Kanzler Nehammer schliesst eine Koalition mit FPÖ-Chef Kickl aus. Die politische Blockade verhärtet sich weiter.

In Österreich verhärten sich die politischen Fronten weiter. Wenig überraschend hat der österreichische Kanzler Karl Nehammer einer zukünftigen Koalition mit der rechten FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl eine Absage erteilt. Die FPÖ, die Ende September einen deutlichen Wahlsieg errang, erhebt Anspruch auf das Kanzleramt, doch kein politischer Akteur will mit der Partei zusammenarbeiten.

Karl Nehammer hat immer unmissverständlich klargemacht, dass es mit Herbert Kickl keine Koalition gebe. Schuld an den scheiternden Koalitionsverhandlungen ist die persönliche Abneigung zwischen den beiden Männern. Sie reicht weit zurück: Kickl hat Nehammer wiederholt als Snob, Schnösel, Kriegstreiber und Volksverräter beleidigt. Angesichts dieser persönlichen Angriffe scheint eine politische Zusammenarbeit ausgeschlossen, schätzt SRF-Österreichkorrespondent Peter Balzli.

Zwei Männer in Anzügen, einer spricht und gestikuliert.
Legende: Die Abneigung zwischen Nehammer (im Hintergrund) und Kickl (im Vordergrund) ist tief verwurzelt und reicht weit zurück. (12.5.2023) Reuters/Leonhard Foeger

Nehammer hat wiederholt betont, dass er eine Koalition mit der FPÖ grundsätzlich in Betracht ziehen würde –allerdings nicht mit Kickl als Minister. Denn thematisch liegen Nehammers konservative ÖVP und Kickls FPÖ gar nicht so weit auseinander.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 beim SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

«Die einzige thematische Abgrenzung, die Nehammer von der FPÖ macht, bezieht sich auf deren Parteichef Kickl. Denn dieser hängt mehreren Verschwörungstheorien nach», sagt Balzli. So glaubt Kickl, das World Economic Forum in Davos wolle eine Weltregierung installieren. Gegen das Coronavirus empfahl er damals, ein Pferdeentwurmungsmittel einzunehmen.

«Brandmauer» gegen die FPÖ

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat deutlich gemacht, dass er Kickl nicht zum Kanzler ernennen will. Es scheint sich in Österreich eine breite Front gegen die FPÖ zu bilden. Historisch gesehen gab es solch eine Brandmauer in Österreich jedoch nicht, so sass die FPÖ seit dem Zweiten Weltkrieg schon sechsmal in Regierungen.

Zwei Männer in Anzügen im Gespräch vor blauem Hintergrund.
Legende: «Es ist schwer vorstellbar, dass diese zwei Männer Österreich zusammen regieren könnten», sagt Peter Balzli. Keystone/EPA/FILIP SINGER (26.09.2024)

Und würde Kickl auf ein Ministeramt verzichten, könnte und würde die FPÖ durchaus mitregieren, vermutet Balzli. «Aber nichts deutet derzeit darauf hin, dass Herbert Kickl zu so einem Schritt bereit wäre.»

Kickls Strategie der Empörung

Herbert Kickl scheint die Strategie zu verfolgen, die FPÖ in eine Opferrolle zu drängen. «Kickl gibt sich dauerempört. Er beleidigt die möglichen Koalitionspartner fast täglich und gibt sich verwundert, warum diese Leute, die er als Volksverräter bezeichnet, nicht mit ihm zusammenarbeiten wollen», sagt der Österreichkorrespondent.

Kickls Ziel scheint klar: Die Empörung und Wut gegen die regierenden Politikerinnen und Politiker weiter zu schüren, um bei den nächsten Wahlen eine Mehrheit zu erzielen. Sollte ihm das gelingen, könnte er Österreich nach dem ungarischen Vorbild umgestalten. Laut Balzli hätte dies weitreichende Konsequenzen für Demokratie und Rechtsstaat.

Rendez-vous, 16.10.2024, 12:30 Uhr ; 

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