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Overtourism in Italien Schlüsselbox-Verbot in Florenz bleibt wohl Alibi-Übung

Florenz verbietet Schlüsselboxen, doch die Wohnungsnot bleibt. Warum diese Massnahme kaum Wirkung zeigt.

Die Gründe für das Verbot von Schlüsselboxen: Das Phänomen der Gästewohnungen in Florenz ist erheblich. Immer mehr Wohnungen in dieser Stadt werden zu Gästewohnungen und Einheimische haben es äusserst schwer, auf dem Markt überhaupt noch eine Mietwohnung zu finden. Vor allem aus dem historischen Stadtzentrum drohen die italienischen Mieterinnen und Mieter zu einem erheblichen Teil vertrieben zu werden. Einfach darum, weil die Rendite mit Kurzzeitvermietungen viel höher ist, als wenn man diese Wohnungen lange Zeit vermieten würde, erklärt SRF-Korrespondent Franco Battel. Das sorge für grosse Spannungen, viel Frustration und Ärger.

Eingangstür mit Schlüsselboxen.
Legende: Viele Wohnungsbesitzer in Florenz foutieren sich schlicht um das Verbot. Zu gross ist der Gewinn, der mit diesen Wohnungen erzielt werden kann. Keystone / Michael Buholzer

Was sich die Behörden konkret erhoffen: «Man erhöht damit den Aufwand für die Vermieterinnen und Vermieter dieser Wohnungen», so Battel. Sie müssen nämlich persönlich anwesend sein, wenn jemand eincheckt. Das italienische Innenministerium will, dass die Besitzer die Identität ihrer Gäste wirklich vor Ort persönlich kontrollieren, aus Sicherheitsgründen. Es geht demnach auch darum, das Geschäft mit diesen Gästewohnungen dadurch weniger attraktiv zu machen. Es gibt laut Battel aber auch viele Besitzer und Besitzerinnen, die diese Bestimmung einfach ignorieren. Und es gäbe Leute, die die Gäste nur vermeintlich persönlich kontrollieren, nämlich übers Handy per Liveschaltung.

Die Folgen der Fremdvermietung für Einheimische

Box aufklappen Box zuklappen

Die Auswirkungen für die einheimische Bevölkerung wiegen schwer. Zuerst einmal in den betroffenen Häusern selbst. Dort gehen ständig fremde Leute ein und aus, die zum Beispiel Abfall liegenlassen oder die mit ihren grossen Trolleys auf den Fluren, in Gängen und Liften Schäden anrichten und mitunter wilde Partys feiern. Es hat aber auch Auswirkungen auf die betroffenen Quartiere. Dort verschwinden Läden für Einheimische, weil die Ladenbesitzer es schwer haben, noch Kundschaft zu finden. An ihrer Stelle schiessen Fastfood-Lokale und Pizzerien aus dem Boden. Alteingesessene Einwohnerinnen und Einwohner dieser Quartiere werden oft an den Stadtrand vertrieben. Profitieren tun Leute, die selbst Wohnungsbesitz haben. Mit einem Airbnb kann man in Rom zwischen zwei- und fünftausend Euro im Monat verdienen.

Weitere Massnahmen gegen die Wohnungsnot: Neben einem Verbot von Schlüsselboxen gibt es in Italien auch andere Massnahmen gegen sogenannte Overtouristen, beispielsweise in Venedig. Dort kann neu eine Eintrittsgebühr von bis zu 10 Euro für den Besuch fällig werden. Solche Eintrittsgebühren werden auch an anderen Orten diskutiert, zum Beispiel auf der Insel Capri im Golf von Neapel. Eine weitere Massnahme ist eine Reservation von Tickets im Voraus, zum Beispiel in Pompeji. Damit stellt man sicher, dass sich nicht zu viele Leute gleichzeitig an einem so sensiblen Ort aufhalten. Laut Battel bringen diese Massnahmen in der Realität allerdings nicht sehr viel.


So erfolgversprechend sind die Schlüsselbox-Verbote: Schaut man auf die letzten Jahre seit der Pandemie, sieht man, dass Italien und die anderen Mittelmeerländer von einem Besucherrekord zum nächsten jagen. Mittlerweile macht der Tourismus in Italien fast 11 Prozent des Bruttoinlandprodukts BIP aus. Insofern ist die italienische Wirtschaft bereits zu abhängig vom Tourismus, um wirklich einschneidende Massnahmen beschliessen zu können. Manche hoffen auf Selbstregulierung, dass es den Leuten dereinst selbst zu eng und zu touristisch wird. Noch ist man von diesem Punkt weit entfernt.

SRF 4 News, 11.02.2025, 16:54 Uhr ; 

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