Wie im Rest der westlichen Welt sorgen die kürzlichen Äusserungen von Papst Franziskus zum Ukraine-Konflikt auch in Italien für Kopfschütteln. Franziskus' missglückter Aphorismus ermutigte die Ukraine, den «Mut zur weissen Fahne» zu zeigen, was weit um heftige Reaktionen auslöste. «Falsch, sich nur an die Ukraine zu wenden», urteilt die Zeitung «La Stampa», während andere von einem Aufruf zur Kapitulation sprechen.
In einer ungewöhnlichen Klarstellung relativierte der Vatikan die Worte des Papstes eilends und betonte, es sei ein Appell zum Verhandeln gewesen, keiner zur Kapitulation. – Ein Glas Wasser in lodernde Flammen. «Entsprechend war der Pressesprecher des Vatikans den ganzen Tag damit beschäftigt, die Worte des Papstes wieder einzufangen», verdeutlicht SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel das Unterfangen der päpstlichen Medienstelle.
Zumindest für die betroffene Ukraine ändert die Klarstellung aus dem Vatikan kaum etwas. Nicht zuletzt, weil es der Papst versäumt habe, auch Russland zum Verhandeln aufzurufen. Präsident Selenski betont in seiner Stellungnahme denn auch, mit Russland könne man nicht verhandeln, weil Russland das gar nicht wolle.
Papst beschädigt die eigene Relevanz
Battel hebt in seiner Analyse der italienischen Reaktionen auf Franziskus' Ukraine-Aussage hervor, dass dies nicht das erste Mal sei, dass sich der Papst zum Ukraine-Konflikt äussere. Seine früheren Aussagen, wie die Behauptung, die Nato habe mit ihrem «Bellen an Russlands Tür» den Angriff auf die Ukraine begünstigt, führten zu Vorwürfen, er stehe zu nah an russischen Positionen. «Eine von der Ukraine akzeptierte Stimme ist der Papst unterdessen wahrscheinlich wirklich nicht mehr», fasst Battel zusammen.
Kein Vergleich zu Papst Johannes Paul dem Zweiten
Das neuste kommunikative Fettnäpfchen des Papstes ist kein Einzelfall. In Bezug auf andere Krisen und Konflikte konnte Papst Franziskus bisher wenig Erfolg als Vermittler vorweisen. Heftige Kritik erntete er etwa im Nahostkonflikt, als er Israel für zivile Opfer kritisierte und von einem möglichen Völkermord sprach.
Einzig seine Erfolge als Vermittler auf Kuba können als löbliche Ausnahme angeführt werden. Battel kommentiert abschliessend: «Seine aussenpolitischen Äusserungen sind zu unbedacht, als dass seine Stimme das Gewicht von Johannes Paul dem Zweiten hätte.» Und dessen aussenpolitische Bilanz war bekanntlich beachtlich.