- Nach der Parlamentswahl steht Finnland vor einem Regierungswechsel.
- Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Sanna Marin verlieren ihre Position als stärkste Kraft im Parlament.
- Am meisten Stimmen hat die konservative Nationale Sammlungspartei von Ex-Finanzminister Petteri Orpo gewonnen.
«Die Demokratie hat gesprochen», sagte Marin am späten Sonntagabend vor Parteianhängern, als bereits fast alle Wählerstimmen ausgezählt waren. Sie betonte zugleich, dass die Partei an der Regierungsspitze erstmals seit langer Zeit mehr Unterstützung als bei der vorherigen Wahl bekommen habe.
Tatsächlich legten die Sozialdemokraten von Sanna Marin von 17.7 Prozent bei der Wahl vor vier Jahren auf nun 19.9 Prozent zu. Die beiden anderen grossen Parteien, die konservative Sammlungspartei von Ex-Finanzminister Petteri Orpo und die rechtspopulistische Partei Die Finnen, schnitten aber noch besser ab und kamen auf 20.8 beziehungsweise 20.1 Prozent der Stimmen.
Petteri Orpo schliesst keine Koalitionsmöglichkeit aus
Orpo sprach von einem «grossen Sieg» seiner Konservativen. Dem 53-Jährigen kommt als Vorsitzendem der stärksten Partei die Aufgabe zu, als Erster die Möglichkeiten zur Bildung einer neuen Regierung auszuloten. Hat er damit Erfolg, dürfte Orpo neuer finnischer Ministerpräsident und damit Marins Nachfolger werden.
Für eine Mehrheit der 200 Sitze im Parlament werden jedoch mindestens drei Parteien benötigt – und solch ein Bündnis ist nicht leicht zu schmieden. Die Konservativen erreichten 48 Mandate, die Finnen-Partei 46, die Sozialdemokraten 43. Auf welche Partei Orpo zuerst zugehen wird, ist offen. Der 53-Jährige hat keine Koalitionsmöglichkeit ausgeschlossen – anders als Marin, die wie andere linksgerichtete Parteien schon im Wahlkampf klargemacht hatte, keine gemeinsame Sache mit der Finnen-Partei zu machen.
Nato-Beitritt spielte keine Rolle im Wahlkampf
Marin ist seit Ende 2019 finnische Ministerpräsidentin. Sie führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an und wird von vielen Finninnen und Finnen als moderne und schlagkräftige Regierungschefin geschätzt. Ihre Regierung führte das nördlichste Land der EU erst durch die Corona-Pandemie und dann gemeinsam mit Präsident Sauli Niinistö durch den in Kürze abgeschlossenen Nato-Beitrittsprozess: Alle 30 Bündnismitglieder haben der Aufnahme der Finnen zugestimmt, in wenigen Tagen wird Finnland offiziell 31. Mitglied der Verteidigungsallianz.
Im Wahlkampf spielte der Nato-Beitritt allerdings keine Rolle. Unter den Finnen hat sich seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ein parteiübergreifend breiter Konsens herausgebildet, den Anschluss an das westliche Verteidigungsbündnis zu unterstützen. Zuvor war das Land in dieser Frage über viele Jahre gespalten gewesen. Stattdessen ging es im Wahlkampf vor allem um innenpolitische Themen wie den Staatshaushalt. Marins Gegner warfen ihr vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben.