Chinesische Soldaten halten ihre Gewehre im Anschlag, andere schwenken grosse Fahnen, die vom Kugelhagel durchlöchert sind. Auf der Bühne blitzt und donnert es, untermalt von dramatischer Musik. Die Darstellerinnen und Darsteller erzählen die Geschichte vom glorreichen Sieg der Kommunisten.
Am Ende regnen Tausende kleine rote Papiersterne wie Konfetti über das Publikum. Eindrücklich ist sie, die Musical-Show «Yan'an, Yan'an».
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Bild 1 von 8. Das Musical «Yan'an, Yan'an» thematisiert die Partei-Geschichte und ist einer der vielen Shows, die die Touristen in Yan'an besuchen können. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 8. Einer der vielen Souvenir-Shops in Yan'an, . Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 8. Bilder von Mao Zedong (rechts) und Xi Jinping (Mitte) sind begehrte Souvenirs bei den Besuchern. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 8. Vor der ehemaligen Residenz Maos drängeln die Touristen, um ein Foto zu schiessen. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 8. Die Verehrung für den ehemaligen Parteiführer Mao Zedong nimmt auch gottähnliche Züge an: Besucher, die Uniformen der Roten Armee tragen, vor Maos Denkmal in Yan'an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 8. Yan'an ist auch für Firmenausflüge beliebt: Angestellte posieren in der Halle des Parteikongresses für ein Gruppenfoto. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 8. Teambildung-Aktivität: Angestellte auf einem Firmenausflug graben einen Acker um. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 8. Nanniwan ist ein weiterer Touristen-Magnet und liegt in der Nähe von Yan'an. Das kommunistische Symbol Sichel und Hammer ist als Fotosujet beliebt. Bildquelle: SRF.
Patriotische Souvenirs
Die Show ist eine von zahlreichen Aufführungen in der Stadt Yan'an, der ehemaligen Revolutionsbasis der kommunistischen Partei. Im Souvenir-Shop vor dem Eingang gibt es Bilder von Mao Zedong zu kaufen, patriotisches Geschirr und auch Porträts vom aktuellen Partei-Chef Xi Jinping.
Am beliebtesten seien die Artikel mit Maos Konterfei, sagt die Verkäuferin im Shop. «Mao ist in unseren Herzen schon ein Gott.» Mao sorge im trauten Heim für Sicherheit und Wohlstand, sagt sie. Dass unter Mao Zedongs Kampagnen Millionen von Menschen ums Leben kamen – das passt nicht hierher.
Denn: Hier wird dem Geist der Revolution gehuldigt. Dabei versteht sich die Kommunistische Partei doch als atheistisch. Orte wie Yan'an als heilige Stätten zu bezeichnen, ist das kein Widerspruch?
Nicht für Wang Dongcang. Der Professor unterrichtet an der Parteischule in Yan’an. Vor der einstigen Höhlenbehausung Maos unterrichtet er Kader in der Parteigeschichte. «Unser Gott ist das Volk!», erklärt er. «Die Bürgerinnen und Bürger sind unsere Religion, wir wollen, dass es ihnen immer besser geht.»
«Nur einen Kern»
Professor Wang sagt, China brauche eine starke Führungsperson – einen Kern, und zitiert Mao Zedong: «Wenn Sie einen Pfirsich öffnen, wie viele Kerne sehen Sie dann? Nur einen Kern! Zwei Kerne wären abnormal.»
Hinter Parteihistoriker Wang kommt es derweil zu einem Gerangel. Touristinnen und Touristen streiten sich darüber, wer sich zuerst vor Mao Zedongs Höhle fotografieren lassen darf.
Es herrscht Grossandrang: Reisegruppen, Familien- und Firmenausflüge. Der sogenannte «rote Tourismus» ist für Yan'an ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und entspricht auch der Politik von Präsident Xi Jinping.
«Korrekte Geschichte»
Mittelschülerinnen und Mittelschüler skandieren Slogans zu ihrem Vaterland. Sie stehen aufgereiht vor jenem Gebäude, in dem Mao Zedongs Ideologie in die Parteiverfassung aufgenommen wurde.
Im Innern des Gebäudes hängen rote Fahnen mit Hammer und Sichel. Besucherinnen und Besucher posieren für Erinnerungsfotos.
Kritische Stimmen, eine alternative Betrachtung der kommunistischen Geschichte – Fehlanzeige. Das ist so gewollt. Zum 100. Geburtstag der kommunistischen Partei soll es nur eine Version der Geschichte geben: jene der Partei selbst.