- Der bisherige Innenminister Karl Nehammer (49) wird neuer österreichischer Bundeskanzler und Chef der ÖVP.
- Der Vorstand der ÖVP habe ihn einstimmig zum neuen Parteiobmann gewählt, gab Nehammer am Freitag an einer Medienkonferenz bekannt.
- Nehammer folgt damit auf Alexander Schallenberg und Sebastian Kurz, die ihre Ämter als Kanzler, beziehungsweise als ÖVP-Chef zur Verfügung gestellt hatten.
Nehammers beruflicher Werdegang begann 1992 bei der österreichischen Armee. Dieser schloss er sich nach der Matur für ein Jahr freiwillig an und liess sich danach zum Infanterie- und Informationsoffizier ausbilden. Nun, gut dreissig Jahre später wird er Bundeskanzler.
Der 49-Jährige steht unter anderem für eine harte Haltung gegen illegale Migration und gegen radikale islamistische Strömungen. Eines seiner Hauptprojekte als Innenminister war der Umbau des Verfassungsschutzes, der in den vergangenen Jahren mehrfach in die Kritik geraten war und auch im Vorfeld des Terroranschlags vom 2. November 2020 Mängel offenbarte.
Zu den zentralen Grundwerten seiner Politik würden Verantwortung, Solidarität und Freiheit zählen, sagte Nehammer in einer ersten Stellungnahme. «Füreinander da sein, füreinander einstehen, aufeinander aufpassen», das gelte gerade in der Corona-Pandemie.
Er verfügt im Gegensatz zu Kurz auch über intakte Verbindungen zu den Sozialdemokraten.
Der 49-Jährige gehörte nach Einschätzung von Experten zwar zum erweiterten, aber nicht zum allerengsten Vertrautenkreis von Kurz. «Er verfügt im Gegensatz zu Kurz auch über intakte Verbindungen zu den Sozialdemokraten», sagte der Politologe Thomas Hofer. Auch das Verhältnis zum grünen Koalitionspartner sei trotz einiger Reibereien tragfähig.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss Nehammer formell noch als Kanzler vereidigen. Seine Rolle als Parteichef muss noch von einem Parteitag bestätigt werden.
Abgang von Kurz löst Dominoeffekt aus
Der Rückzug von Kurz hatte einen personellen Dominoeffekt ausgelöst. So hatte auch Finanzminister Gernot Blümel, ein enger Kurz-Vertrauter, seinen Rückzug aus der Politik verkündet.
Angesichts der Entwicklung sind in Teilen der Opposition Rufe nach baldigen Neuwahlen laut geworden. Das immer wieder von Konflikten überschattete Bündnis von ÖVP und Grünen regiert seit Anfang 2020.