Endlich. Das ist der Seufzer, den man an vielen Orten in Polen hört. Endlich sind die wochenlangen Verzögerungsmanöver der bisherigen Regierung ausgestanden. Endlich hat Polen eine neue Mitte-links-Regierung, von der schon seit den Wahlen im Oktober klar war, dass sie die Macht übernehmen wird.
Endlich geht es weiter: Am Mittwochmorgen soll der Präsident die Regierung von Donald Tusk vereidigen. Am Donnerstag fliegt der ehemalige EU-Ratspräsident bereits als neuer Regierungschef an den EU-Gipfel. Und auch dort werden nach acht konfliktreichen Jahren mit der nationalkonservativen Regierung in Warschau viele «endlich» seufzen.
In all diesen Seufzern schwingen gewaltige Erwartungen mit. Erwartungen der Wählerinnen und Wähler. Erwartungen der EU. Konkurrierende Erwartungen der drei Koalitionspartner in der neuen Regierung.
Diese soll dafür sorgen, dass die polnischen Gerichte und die polnischen Staatsmedien wieder unabhängig werden. Sie soll Sozialleistungen ausbauen, Lehrerlöhne erhöhen, Steuern senken und doch das Budget einhalten. Sie soll das strenge Abtreibungsverbot lockern. Sie soll Korruptionsvorwürfe gegen die Vorgängerregierung untersuchen. Und gleichzeitig soll sie die politisch tief zerstrittene polnische Gesellschaft versöhnen.
Wie schwierig das werden wird, zeigte sich besonders deutlich am Montag. Da urteilte das polnische Verfassungsgericht, dass die Europäischen Verträge, die es der EU erlauben, Mitglieder zu büssen, gegen die Verfassung verstiessen. Zwei Bussen der EU gegen Polen seien daher widerrechtlich. Mit europäischem Recht ist das Urteil kaum vereinbar, mit der Gesinnung der abgewählten Regierung sehr wohl.
Das Gericht hat mit seinem Urteil daran erinnert, wie sehr die Justiz mit nationalkonservativen Gefolgsleuten durchsetzt ist. Und daran, wie schwierig es sein wird, diese Richterinnen und Richter wieder zu entfernen, ohne erneut das Gesetz zu beugen.
Ebenfalls am Montag bot der Chef der bisherigen Regierungspartei einen denkwürdigen Auftritt. Das Parlament hatte Donald Tusk gerade als neuen Regierungschef bestimmt, als Jaroslaw Kaczynski zum Rednerpult stürmte und Tusk als «deutschen Agenten» beschimpfte. Allerdings war auch Tusk nicht zimperlich. Er hat einen Wahlkampf lang behauptet, es gehe darum, das «Böse zu vertreiben».
Nun ist Donald Tusk Regierungschef. Nun ist es an ihm, einen anderen Ton zu finden. Dann, vielleicht, könnte Polen zu einer weniger gehässigen Politik finden. Endlich.