Der amerikanische Traum wurde Kamala Harris in die Wiege gelegt. Sie wuchs in Berkeley bei San Francisco auf, wo ihr jamaikanischer Vater und ihre indische Mutter sich während des Studiums kennenlernten. Der spätere Rechtsprofessor in Stanford und die Krebsforscherin waren aktiv in der Bürgerrechtsbewegung, wie Kamala Harris gerne betont.
Ihre Mutter habe ihr gesagt «Steh auf und kämpfe für deine Rechte» – frei nach der Hymne des jamaikanischen Sängers Bob Marley. Kamala Harris wollte ihren Sinn für soziale Gerechtigkeit dort ausleben, wo man an den Hebeln der Macht sitzt: in der Strafverfolgung. 2003 wurde sie Staatsanwältin von San Francisco.
Ruf als «Top-Cop»
2011 gewann sie die Wahl zur Justizministerin von Kalifornien und machte sich einen Ruf als effiziente Strafverfolgerin. Das Recht werde in Kalifornien schnell und gezielt durchgesetzt, versprach sie. Unter Harris' Führung stieg die Verurteilungsrate zuerst in San Francisco, dann in Kalifornien um ein Mehrfaches. «Top-Cop» nannte sie sich gerne.
Die Durchsetzungskraft im Namen des Gesetzes wird ihr vom linken Parteiflügel der Demokraten heute noch vorgeworfen. Sie setzte aber auch Polizeireformen um und lehnte die Todesstrafe strikt ab. 2016 schaffte es Harris als zweite afroamerikanische Frau in den US-Senat. Sie gewann dort schnell an Profil als progressive Politikerin. Sie kämpfte gegen Rassismus, für eine Justizreform und die Arbeiterrechte.
Auch im nationalen Rampenlicht
Aufsehen erregte sie, als sie den umstrittenen Anwärter für den Obersten Gerichtshof, Brett Kavanaugh, während seiner Anhörung im Senat ins Kreuzverhör nahm. Die harte Befragung führte zwar zu keinem konkreten Resultat, aber Harris lancierte sich als Politikerin mit Biss und einem höheren Ziel, dem Weissen Haus.
Sie stürzte sich in den Nominierungskampf der Demokraten für die Präsidentschaftswahl 2020 und griff Joe Biden auf der Debattenbühne frontal an, weil er sich ihrer Meinung nach in einigen Momenten seiner Politkarriere zu wenig antirassistisch verhalten habe. Sie glaube nicht, dass Joe Biden ein Rassist sei, aber sie als Person dunkler Hautfarbe nehme es persönlich, so Harris.
Das war ziemlich gewagt gegenüber dem ehemaligen Vizepräsidenten von Barack Obama und fand virale Verbreitung.
Einstiger Gegner als Förderer
Doch schliesslich gewann Joe Biden die demokratischen Vorwahlen –notabene mit der Hilfe der afroamerikanischen Wählerinnen und Wähler. Und nun holt dieser also Kamala Harris, die einstige harte Gegnerin in den Vorwahlen, an seine Seite. Sie ist 22 Jahre jünger als er und hat einiges, was es braucht, um Demokraten aller Couleur anzusprechen: Kampfgeist, Erfahrung, politische Flexibilität und einen multikulturellen Hintergrund.