Die letzte TV-Debatte zwischen US-Präsident Donald Trump und dem demokratischen Herausforderer Joe Biden verlief verhältnismässig gesittet. Doch ihr Einfluss werde beschränkt bleiben, sagt die USA-Expertin Sarah Wagner. Denn viele Amerikanerinnen und Amerikaner hätten sich längst entschieden, wen sie wählen werden.
SRF News: Lief die Debatte zwischen Trump und Biden geordneter ab als beim letzten Mal?
Sarah Wagner: Formal gesehen ja. Für Trumps Verhältnisse legte er einen etwas disziplinierteren Auftritt hin. Allerdings machte Trump erneut viele falsche und irreführende Aussagen. Man sollte sich ob der Form also nicht über den Inhalt täuschen lassen.
Es ging um den Kampf gegen das Coronavirus, Rassismus oder um den Klimawandel. Es war erwartet worden, dass sich Biden bei diesen Themen wohler fühlen dürfte als Trump. War dem so?
Ja. Entsprechend hatten Trump und sein Team versucht, die Themenschwerpunkte noch auf die Aussenpolitik zu verlegen.
Biden musste bloss durchhalten und keine Patzer begehen – das hat er geschafft.
Denn Trump steht unter Zugzwang: Er hat es bislang nicht geschafft, die Umfragewerte zu seinen Gunsten zu ändern, die Spendeneinnahmen brechen weg. Auch verliert Trump laut Umfragen beim Thema Wirtschaft an Zustimmung – und dabei gestehen ihm auf diesem Gebiet viele Wählerinnen und Wähler eigentlich bessere Kompetenzen zu als Biden. Biden musste eigentlich bloss durchhalten und keine Patzer begehen – das hat er geschafft.
Es war die letzte Fernsehdebatte vor dem Wahltag am 3. November. Welche Bedeutung hatte diese noch für die Wahlen?
Bis jetzt haben schon über 48 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner ihre Stimme abgegeben, zudem sind laut den Umfragen insgesamt nur drei bis sechs Prozent der Wähler unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben sollen. In den hart umkämpften Bundesstaaten kann es gerade auf diese Stimmen ankommen.
Die Auswirkungen dieser letzten TV-Debatte dürften eher begrenzt sein.
Trotzdem dürften die Auswirkungen dieser letzten TV-Debatte eher begrenzt sein. Dies auch deshalb, weil der Graben zwischen den beiden Parteien sehr tief ist und gleichzeitig sehr viele andere Ereignisse ebenfalls auf die Wähler einwirken.
Vor vier Jahren lagen fast alle Prognosen daneben. Trotzdem die Frage: Wer hat nach dieser letzten TV-Debatte die besseren Karten – Biden oder Trump?
Der grosse Unterschied zu 2016 ist, dass eine Trump-Präsidentschaft keine abstrakte Vorstellung mehr ist. Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben ihn jetzt vier Jahre als Präsident erlebt.
Ich würde auf Biden tippen – allerdings findet die Wahl unter sehr aussergewöhnlichen Umständen statt.
Biden und die Demokraten müssten den Ball jetzt eigentlich versenken. Sie führen in den Umfragen, haben hohe Spendeneinnahmen. Zugleich haben es die Republikaner auch zwei Wochen vor dem Wahltag noch nicht geschafft, eine überzeugende Botschaft zu vermitteln. Insofern würde ich auf Biden tippen. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass die diesjährige Wahl unter sehr aussergewöhnlichen Umständen stattfindet.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.