Der Saal der Philharmonie im tschechischen Brno (Brünn) ist golden und verschnörkelt. Hier könnte man stilvoll heiraten. Hunderte Menschen stehen Schlange. Die meisten haben ihre Hochzeit wohl vor Jahrzehnten gefeiert.
«Als ich jung war, hätte ich so viel Glück haben und jemanden wie Babis zum Heiraten treffen sollen», sagt eine Frau in den Sechzigern.
Nun hoffe sie, dass wenigstens ein Hauch seiner Weisheit auf sie abfärbe. Sie will anstehen für ein Autogramm. Der Milliardär und Präsidentschaftskandidat Andrej Babis unterschreibt hier Bücher, in denen er aufzählt, was er alles getan hat fürs tschechische Volk.
Angeklagt – und freigesprochen
Babis kam zu Geld in der wilden Zeit, in der aus Tschechiens kommunistischer Staatswirtschaft Privatwirtschaft wurde. Wie genau, weiss man ebenso wenig wie bei anderen tschechischen Oligarchen.
Jedenfalls gehören Babis heute ein gutes Stück der Landwirtschaft und der Medienlandschaft in Tschechien. Und er regierte das Land bis vor kurzem, ist Chef der stärksten Partei. Jetzt hat Babis Chancen, Präsident zu werden.
In Tschechien sagen einige, Babis möge Auftritte, aber nicht die Menschen. Er wolle nur Präsident werden, um unantastbar zu sein für die Gerichte. Diese interessieren sich für ihn, seit er Regierungschef wurde.
Sie vermuten, dass Babis als Regierungschef Geld verteilte, welches Babis, der Unternehmer, in der Landwirtschaft dann bekam. Deshalb wurde er auch angeklagt – und kürzlich freigesprochen.
Babis, der einfache Mann aus dem Volk
Babis sagt: «Ich störe die etablierten Politiker, denn ich bin nicht wegen der Karriere, nicht wegen des Geldes in der Politik.» Zum Glück seien die tschechischen Gerichte unabhängig von der Politik.
Warum denn will Babis Präsident werden? Er war als Regierungschef ja schon der mächtigste Mann im Land – der Präsident hingegen darf weniger, muss oft Anlässe besuchen wie diesen hier.
Wenn ich der mächtigste Mann Tschechiens wäre, wäre ich nie angeklagt worden.
«Wäre ich der mächtigste Mann Tschechiens gewesen, wäre ich nie vor Gericht gelandet», sagt Babis. Er gibt sich als einfachen Mann. Einer, der das Volk versteht. Dieses Selbstporträt mag eine Karikatur sein, aber es zieht.
Für seine eher jüngeren und gebildeteren Gegner aber ist Babis vor allem eine Gefahr für Tschechien, für den Zusammenhalt. Er flirtet mit den linken und rechten politischen Rändern. Und die gehen im Moment immer wieder auf die Strasse, verteidigen Russland, nicht die Ukraine, sind gegen die EU.
Babis sucht die ganz grosse Bühne
Unterstützt Babis die pro-westliche Haltung der tschechischen Regierung? «Was soll diese Frage? Natürlich!», kommt es zurück. Die Leute, die für Russland demonstrierten, fühlten sich einfach alleingelassen und hätten Angst vor den hohen Energiepreisen. Man müsse bloss mit ihnen reden. Er könne das, sagt Babis.
Er würde die Energieversorgung verstaatlichen und die Preise deckeln. Bloss: Als Präsident darf er das gar nicht.
Und so fragt man sich immer noch: Was will Babis als Präsident? Die Antwort kommt vielleicht am Schluss: «Ich fliege heute noch nach Paris. Der französische Präsident Emmanuel Macron empfängt mich.» Vielleicht braucht Babis einfach die Scheinwerfer der ganz grossen Bühne.