Überschattet vom Mord an einem Kandidaten und unter erhöhten Sicherheitsvorkehren hat Ecuador am Wochenende die Präsidentenwahl vorgenommen. Nach Auszählung von über 70 Prozent der Stimmen lag die 45-jährige Luisa González mit 33 Prozent deutlich vorn, wie die Wahlkommission am Sonntagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Quito mitteilte.
Ein Newcomer überrascht
Die Linkspolitikerin kommt aus dem Lager des wegen Korruption verurteilten Ex-Präsidenten Rafael Correa, der bis Mai 2017 am Ruder gewesen war. Der 35 Jahre alte Bananenunternehmer Daniel Noboa, Sohn des früheren Präsidentschaftskandidaten Alvaro Noboa, kam mit 24 Prozent überraschend auf den zweiten Platz.
Die beiden werden voraussichtlich am 15. Oktober in einer Stichwahl gegeneinander antreten. Gefordert ist die absolute Mehrheit oder mindestens 40 Prozent der Stimmen mit zehn Prozentpunkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten.
Dass González in die Stichwahl kommen würde, sei absehbar gewesen, sagt der Autor und Lateinamerika-Experte Wolf Grabendorff: Denn sie hat die Unterstützung des ehemaligen Präsidenten Correa, der in seiner Zeit bis 2017 eigentlich immer ein Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Das ist nun auch ihr gelungen.
Noch kaum abschätzbar sei, ob die Erstplatzierte tatsächlich das Rennen machen werde, so Grabendorff. Denn interessanterweise sei die Ausgangslage ähnlich wie vor zwei Jahren, als der bisherige Präsident Guillermo Lasso in der Stichwahl gewählt worden sei.
Erneute Kampagne gegen Correa-Partei möglich
Auch damals habe mit dem Linkskandidaten Andrés Arauz ein Vertreter der Correa-Partei in den Umfragen an erster Stelle gestanden. Doch damals habe sich die Meinung durchgesetzt, nicht wieder jemanden aus dem Correa-Lager zu wählen.
«Es kann also durchaus sein, dass es erneut eine Kampagne geben wird, um die Correa-Partei zu verhindern. Und dass damit der junge Millionärssohn Noboa das Rennen macht», sagt Grabendorff. Mit dem Newcomer und Sohn einer der reichsten Familien des Landes hatte man eigentlich gar nicht gerechnet. Der US-ecuadorianische Doppelbürger hatte sich im Wahlkampf als Technokrat und als Stimme der Jugend angepriesen.
Kandidat ermordet – Ersatzkandidat auf Platz drei
Die Wahlen waren von der Ermordung des Kandidaten Fernando Villavicencio während einer Wahlveranstaltung überschattet worden, der der Korruption den Kampf angesagt hatte. Er war ein erbitterter Gegner von Correa gewesen.
Dennoch konnte seine Mitte-links-Partei am Sonntag 16 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Nach dem Attentat war der Journalist Christian Zurita als Ersatzkandidat aufgestellt worden. Er räumte am Sonntagabend zusammen mit mehreren anderen Kandidierenden seine Niederlage ein.
Ursprünglich sollte eigentlich Villavicencios Vizepräsidentschaftskandidatin Andrea González Náder in die Bresche springen, doch mangels klarer Antworten der Wahlbehörde verzichtete die Partei darauf.
Das südamerikanische Land mit seinen rund 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern kämpft mit einer zunehmenden Welle der Gewalt und dem wachsenden Einfluss von Drogenkartellen.