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Die Affäre auf Sylt schlägt hohe Wellen
Aus SRF 4 News aktuell vom 28.05.2024. Bild: Keystone/Lea Sarah Albert
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«Prosecconazis» in Deutschland Rechtsextreme Parolen auf Sylt: Welche Rolle spielen Eliten?

Ein Video, das junge Menschen zeigt, die auf der Urlaubsinsel Sylt fein angezogen in einem Club zu einem Popsong rechtsextreme Parolen singen, sorgt für Schlagzeilen. Die Rechtsextremismus-Expertin Karolin Schwarz kennt die Hintergründe und Strukturen der rechtsextremen Kreise in Deutschland.

Karolin Schwarz

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Karolin Schwarz ist freie Journalistin und Expertin für Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus und Desinformation. Schwarz hat verschiedentlich publiziert, darunter ein Buch über den globalen Rechtsextremismus.

SRF News: Was weiss man über die Personen, die im Sylter Video zu sehen sind?

Karolin Schwarz: Man weiss, dass einige der Personen aus München sind, eine ist aus Hamburg. Zum Teil entstammen sie der Influencer-Szene. Sie haben tendenziell einen finanziell gut situierten Background.

Warum erregt dieses Video aus Sylt so viel Aufsehen?

Es ist ein ziemlich vulgäres Video: Man sieht, wie sich offensichtlich gut situierte Menschen unter Alkohol in Feierstimmung diesen Parolen hingeben. Das hat viel Aufmerksamkeit erweckt.

Welche Rolle spielen Menschen aus der Oberschicht für den Rechtsextremismus in Deutschland?

Zunächst: Von den im Video auftretenden Personen weiss man nicht, ob sie in irgendeiner Form organisiert sind. Aber es gibt in Deutschland durchaus rechtsextreme Vordenker, die gut organisiert sind.

Die selbsternannte ‹Neue Rechte› liefert die Vordenker für die gesamte Szene.

Dazu gehört etwa Thilo Sarrazin, der massgeblich dazu beigetragen hat, damit rassistische und teilweise rechtsextreme Narrative in der Mitte der Gesellschaft verankert wurden. Es gibt auch die selbsternannte «Neue Rechte», die die Vordenker für die gesamte Szene liefert. Es gibt sie als einflussreiche Personen in der Öffentlichkeit: Richter, Politiker – oder Geldgeber für medienaktivistische Projekte.

Wie wichtig sind diese Exponenten für das «Gedeihen» des Rechtsextremismus in Deutschland?

Lange Zeit hatte man es in Deutschland mit einer Szene zu tun mit einzelnen Führungspersonen an der Spitze. Inzwischen gibt es viele einzelne Szenen, in denen auch elitäre Personen eine Rolle als Wortgeber spielen. Ausserdem gibt es viele Burschenschaften, die fest im akademischen Bereich verankert sind. Sie alle spielen eine grosse Rolle, weil sie die Ressourcen haben, Öffentlichkeit zu schaffen – und zu provozieren.

Welche Beweggründe hat diese elitäre Szene, rechtsextremistische Aktivitäten zu unterstützen?

Dazu gibt es nur wenig Forschung – auch weil sich dieser Personenkreis der Forschung relativ gut entzieht. Aber es gibt in der Tat in allen gesellschaftlichen Schichten eine Minderheit, die rassistische und rechtsextreme Einstellungen verfolgt.

Man muss auch davon ausgehen, dass eine Art Überlegenheitsgefühl vorherrscht.

Sicher ist: Die Verherrlichung der nationalsozialistischen Vergangenheit ist innerhalb der reichen und gebildeten Schichten mindestens so ausgeprägt wie etwa bei Menschen mit niedriger Schulbildung. Man muss auch davon ausgehen, dass eine Art Überlegenheitsgefühl vorherrscht – dass man fest daran glaubt, dass man die eigene, gute soziale Stellung verdient hat, die Eliten tendenziell weiss und guter Herkunft sind.

Wie sollte die Gesellschaft auf Äusserungen wie jene in dem Sylter Video reagieren?

Es darf nicht nur juristische Konsequenzen geben – falls es im vorliegenden Fall überhaupt dazu kommt. Es braucht vor allem eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung für das Problem. Solches Verhalten muss geächtet werden – auch von Menschen im unmittelbaren Umfeld dieser Personen.

Das Gespräch führte Ali Amir.

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SRF 4 News, 28.5.2024, 08:50 Uhr ; 

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