Kürzlich traten sie in Moskau vor die Medien: Vertreter des neu gegründeten «Klubs der wütenden Patrioten». Wütend und zornig seien sie, weil die russische Armee in der Ukraine quasi nur mehr in einer passiven Verteidigung verharre.
Die Situation ist erniedrigend – nicht nur für die Armee, sondern für ganz Russland.
«Dort, wo wir angreifen, sind wir kaum mehr erfolgreich und verzeichnen viele Opfer. Diese Situation ist erniedrigend – nicht nur für die Armee, sondern für ganz Russland», sagt der Blogger Igor Girkin.
Girkin: Schon bei der Krim-Annexion dabei
Er ist der wohl bekannteste Kopf dieser selbsternannten Patrioten. Gemäss eigenen Aussagen ist Girkin ehemaliger Offizier des russischen Geheimdienstes FSB. Er war 2014 bei der russischen Annexion der ukrainischen Krim und dann bei Russlands kriegerischem Zündeln in der Ostukraine aktiv beteiligt.
Ein niederländisches Gericht hat ihn in Abwesenheit wegen Mordes verurteilt – in Zusammenhang mit dem Abschuss des Flugzeugs MH17 der Malaysia Airline 2014 über der Ostukraine. Girkin bestreitet seine Mitschuld.
Weitere Hunderttausende sollen in den Krieg
Girkin und seine Mitstreiter verlangen, dass Hunderttausende zusätzlicher Russinnen und Russen mobilisiert werden. Ein Teil soll an die Front, ein anderer Waffen produzieren.
«Mobilmachung heisst nicht nur, die Leute von der Strasse an die Front zu schicken. Es braucht viel mehr. Die ganze Wirtschaft und das ganze Hinterland müssen für den Krieg arbeiten», sagen die «wütenden Patrioten».
Die ganze Wirtschaft und das ganze Hinterland müssen für den Krieg arbeiten.
Im Gegensatz zum Kreml geben sie ihr Ziel klar bekannt. Die russische Fahne müsse über Kiew, der «Mutter aller russischen Städte», wehen. Die ukrainische Staatlichkeit solle ausgelöscht werden.
Sie verbreiten zudem «Schreckensszenarien», was ihrer Meinung nach bei einer Niederlage Russlands im Krieg gegen die Ukraine drohe: die Machtübernahme prowestlicher, liberaler Kräfte und danach der Zerfall Russlands.
Noch eine sehr kleine Gruppe
Die russischen Ultranationalisten mit ihrem Aufruf seien im politischen Leben Russlands derzeit noch eine marginale Gruppe, sagt der inzwischen im Ausland lebende russische Politologe Nikolaj Petrow.
Darum lasse der Kreml sie mit ihrer teils scharf geäusserten Kritik an der russischen Armeeführung gewähren. Diese Gruppe habe im Moment weder finanzielle Mittel noch Waffen und auch im Volk keine grosse Unterstützung. Aber das sei heute so – und könne sich ändern.
Wenn Russland in der Ukraine eine empfindliche Niederlage einsteckt, könnte der Einfluss der Ultranationalisten stark ansteigen.
«Wenn Russland in der Ukraine eine empfindliche Niederlage einsteckt, dann werden all die Soldaten und Kämpfer von dort zurückkehren. Dann könnte die Bedeutung und der Einfluss dieser Ultranationalisten im Lande stark zunehmen», so Petrow.
Ein Bürgerkrieg in Russland, wie ihn bereits viele heraufbeschwören, sei zwar nicht das wahrscheinliche Szenario, aber je länger der Krieg dauere, je mehr steige diese Gefahr.