Das Land befinde sich an einem «kritischen Wendepunkt», sagte der libanesische Präsident Michel Aoun am Donnerstagabend. Es benötige in seiner schweren Krise eine schlagkräftige Regierung, eine, in der Minister nicht in erster Linie nach ihrer konfessionellen Zugehörigkeit – Christentum, Schiismus, Sunnismus –, sondern nach ihren Fähigkeiten ausgewählt werden.
Er ging damit auf eine zentrale Forderung der Demonstrierenden ein. Wie sie in der komplizierten und nach Religionsgruppen organisierten libanesischen Politlandschaft umgesetzt werden soll, liess der 84-jährige Staatspräsident allerdings offen.
Kehrt Premier Hariri zurück?
Anfang Woche war Premierminister Hariri unter dem Druck der Strasse zurückgetreten. Möglich, dass der Vorschlag des Staatspräsidenten ihm den Weg zurück an die Regierungsspitze ebnen soll. Er könnte als Übergangspremier dem geplanten Kabinett von Technokraten vorstehen.
Die Demonstrationen wurden kleiner in den letzten Tagen. Die Armee öffnete einige der blockierten Strassen. Die Wut in der Bevölkerung auf eine korrupte politische Elite aber bleibt gross.
Libanon kämpft mit einer gewaltigen Staatsverschuldung und Devisenknappheit. Es wird befürchtet, dass der kleine Mittelmeerstaat den festen Wechselkurs zum Dollar aufgeben muss, was die Finanzkrise für die Bevölkerung noch verschlimmern würde. Vor diesem Hintergrund sollen heute zum ersten Mal nach zwei Wochen die Geschäftsbanken wieder aufgehen.