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Rhetorische Eskalation «Das Ungeziefer ausrotten»: Wie Trump seine Gegner entmenschlicht

Vor seinen Anhängern bemüht Donald Trump eine verstörende Rhetorik. Nur Worte seien das nicht, warnt eine US-Forscherin.

Für seine moderate Rhetorik war Donald Trump nie bekannt. In jüngster Zeit dreht der frühere US-Präsident aber ordentlich an der Eskalationsschraube. Bei einem Wahlkampfauftritt in New Hampshire feuerte er Mitte November gegen seine politischen Gegner: «Wir versprechen, dass wir die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und die linksradikalen Ganoven, die wie Ungeziefer in unserem Land leben, ausrotten werden.»

Trump bei einer Rede im August in South Carolina
Legende: In den USA finden ab Mitte Januar die Vorwahlen statt. Die Parteien bestimmen, wer für die Präsidentschaft kandidiert. Es zeichnet sich ab, dass erneut Joe Biden und Donald Trump gegeneinander antreten werden. Getty Images/Sue Gerrits

Einen Monat später nahm Trump bei seinem nächsten Auftritt im Bundesstaat an der Ostküste der USA Migranten ins Visier: «Sie vergiften das Blut unseres Landes, in der ganzen Welt vergiften sie die Gefängnisse und Psychiatrien, nicht nur in Südamerika.» Bei seinen Anhängern sorgten die Äusserungen für Jubelstürme, verbreitet erntete Trump aber heftige Kritik. Manche Kommentatoren warfen ihm vor, in die Mottenkiste der Geschichte zu greifen:

Rhetorisch bereitet Trump bereits den Boden für einen Präsidentschaftswahlkampf, der die amerikanische Gesellschaft weiter spalten dürfte. Die Biden-Kampagne schiesst ihrerseits scharf zurück: Wiederholt verglich auch diese Trump mit Hitler:

Die Biden-Seite zielt offenbar darauf ab, Trump als Gefahr für die Demokratie zu brandmarken. Gegenüber der US-Zeitung «Politico» kündigte der Kommunikationschef der Biden-Kampagne an: «In Trump findet die Rhetorik von Hitler und Mussolini Widerhall. Wir werden dafür sorgen, dass die Leute verstehen, wie gefährlich das ist.»

Doch was bezweckt der mittlerweile 77-jährige Immobilienmogul mit seinen Auftritten? Eine, die das beurteilen kann, ist Jennifer Mercieca, die an der Texas A&M University Kommunikation lehrt. Sie untersucht seit 2015 die politische Rhetorik Trumps und hat darüber ein Buch geschrieben.

Der Feind im Innern

Mercieca sieht in Trumps Worten eine Verschärfung seiner altbekannten Strategie «wir gegen die anderen». Schon bei seiner Rede vor dem Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 habe Trump seine Anhänger 20 Mal aufgefordert, «wie der Teufel zu kämpfen»: «In seinem Manuskript war die Botschaft aber nur einmal enthalten. Wir sollten Trumps Worte unbedingt ernst nehmen. Viele möchten das, was er sagt, kleinreden. Aber Trump wählt seine Worte sehr bewusst.»

Trump bei seiner Rede vor dem Sturm aufs Kapitol.
Legende: Die Rhetorikwissenschaftlerin erkennt zwei Grundzüge in Trumps Reden: Empörung und damit Schlagzeilen generieren – und gleichzeitig von eigener Schuld ablenken. «Und damit ist er sehr erfolgreich», schliesst Mercieca. Bild: Trump bei seiner Rede vor dem Sturm aufs Kapitol. Keystone/EPA/Michael Reynolds

Auch in der US-Geschichte hätten Präsidenten mitunter eine entmenschlichende und gewalttätige Rhetorik gewählt, fährt Mercieca fort. Diese sei aber gegen einen äusseren Feind gerichtet gewesen und sollte die Bevölkerung im Kriegsfall mobilisieren. «Trump hingegen verwendet diese Sprache gegen innen. Er bezeichnet die politische Opposition als Feinde der Nation. Es ist höchst ungewöhnlich, dass ein US-Präsident eigene Landsleute derart bezeichnet.»

Die Opposition ist das Böse – es sind nicht einfach Personen mit anderen Ansichten.
Autor: Jennifer Mercieca Amerikanische Rhetorikwissenschaftlerin

Bei seiner Anhängerschaft fällt die Rhetorik auf fruchtbaren Boden. Diesen hat Trump aber nicht alleine bereitet. Denn seit Jahrzehnten würden US-Populisten die Sichtweise verbreiten, dass Politik Krieg sei und der Gegner betrüge. «Seine Anhänger erwarteten deshalb, dass einmal ein starker Führer erscheint, der selbstherrlich spricht und handelt.»

Dieses selbstherrliche Handeln manifestiert sich mittlerweile auch im politischen Tagesgeschäft. Denn wenn Politik Krieg bedeutet, ist eine Zusammenarbeit mit dem politischen Gegner unmöglich.

Der texanische Grenzschutz führt rund 1000 Migrantinnen und Migranten in ein Durchgangszentrum.
Legende: Mercieca nennt das Beispiel Grenzschutz: «Die eine Partei spricht von einer humanitären Krise und will helfen, mit Zelten, Decken und Nahrungsmitteln. Die andere Partei spricht von einer Invasion und will die Armee an der Grenze, um Flüchtende zu stoppen. Diese beiden Sichtweisen sind unvereinbar.» Getty Images/John Moore

«Die Opposition ist das Böse – es sind nicht einfach Personen mit anderen Ansichten. Du suchst mit ihnen nicht nach Lösungen oder machst Kompromisse», so das Fazit der Forscherin.

US-Wahlen 2024

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Legende: SRF

Donald Trump kehrt als 47. Präsident ins Weisse Haus zurück. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024 .

Echo der Zeit, 05.01.2023, 18 Uhr ; 

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