Für seine moderate Rhetorik war Donald Trump nie bekannt. In jüngster Zeit dreht der frühere US-Präsident aber ordentlich an der Eskalationsschraube. Bei einem Wahlkampfauftritt in New Hampshire feuerte er Mitte November gegen seine politischen Gegner: «Wir versprechen, dass wir die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und die linksradikalen Ganoven, die wie Ungeziefer in unserem Land leben, ausrotten werden.»
Einen Monat später nahm Trump bei seinem nächsten Auftritt im Bundesstaat an der Ostküste der USA Migranten ins Visier: «Sie vergiften das Blut unseres Landes, in der ganzen Welt vergiften sie die Gefängnisse und Psychiatrien, nicht nur in Südamerika.» Bei seinen Anhängern sorgten die Äusserungen für Jubelstürme, verbreitet erntete Trump aber heftige Kritik. Manche Kommentatoren warfen ihm vor, in die Mottenkiste der Geschichte zu greifen:
Rhetorisch bereitet Trump bereits den Boden für einen Präsidentschaftswahlkampf, der die amerikanische Gesellschaft weiter spalten dürfte. Die Biden-Kampagne schiesst ihrerseits scharf zurück: Wiederholt verglich auch diese Trump mit Hitler:
Die Biden-Seite zielt offenbar darauf ab, Trump als Gefahr für die Demokratie zu brandmarken. Gegenüber der US-Zeitung «Politico» kündigte der Kommunikationschef der Biden-Kampagne an: «In Trump findet die Rhetorik von Hitler und Mussolini Widerhall. Wir werden dafür sorgen, dass die Leute verstehen, wie gefährlich das ist.»
Doch was bezweckt der mittlerweile 77-jährige Immobilienmogul mit seinen Auftritten? Eine, die das beurteilen kann, ist Jennifer Mercieca, die an der Texas A&M University Kommunikation lehrt. Sie untersucht seit 2015 die politische Rhetorik Trumps und hat darüber ein Buch geschrieben.
Der Feind im Innern
Mercieca sieht in Trumps Worten eine Verschärfung seiner altbekannten Strategie «wir gegen die anderen». Schon bei seiner Rede vor dem Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 habe Trump seine Anhänger 20 Mal aufgefordert, «wie der Teufel zu kämpfen»: «In seinem Manuskript war die Botschaft aber nur einmal enthalten. Wir sollten Trumps Worte unbedingt ernst nehmen. Viele möchten das, was er sagt, kleinreden. Aber Trump wählt seine Worte sehr bewusst.»
Auch in der US-Geschichte hätten Präsidenten mitunter eine entmenschlichende und gewalttätige Rhetorik gewählt, fährt Mercieca fort. Diese sei aber gegen einen äusseren Feind gerichtet gewesen und sollte die Bevölkerung im Kriegsfall mobilisieren. «Trump hingegen verwendet diese Sprache gegen innen. Er bezeichnet die politische Opposition als Feinde der Nation. Es ist höchst ungewöhnlich, dass ein US-Präsident eigene Landsleute derart bezeichnet.»
Die Opposition ist das Böse – es sind nicht einfach Personen mit anderen Ansichten.
Bei seiner Anhängerschaft fällt die Rhetorik auf fruchtbaren Boden. Diesen hat Trump aber nicht alleine bereitet. Denn seit Jahrzehnten würden US-Populisten die Sichtweise verbreiten, dass Politik Krieg sei und der Gegner betrüge. «Seine Anhänger erwarteten deshalb, dass einmal ein starker Führer erscheint, der selbstherrlich spricht und handelt.»
Dieses selbstherrliche Handeln manifestiert sich mittlerweile auch im politischen Tagesgeschäft. Denn wenn Politik Krieg bedeutet, ist eine Zusammenarbeit mit dem politischen Gegner unmöglich.
«Die Opposition ist das Böse – es sind nicht einfach Personen mit anderen Ansichten. Du suchst mit ihnen nicht nach Lösungen oder machst Kompromisse», so das Fazit der Forscherin.