Donald Trump sitzt im Oval Office, greift zum Filzstift und setzt mit seiner Unterschrift einen Botschafter in Israel ein. Die Wahl fällt auf Mike Huckabee.
«Er wird den Speck nach Hause bringen», sagt Trump, überlegt kurz, und schaut grinsend in die Runde. «Wobei … Viel Speck wird er in Israel wohl nicht finden.»
Schweinefleisch aus dem jüdischen Staat? Seine Berater krümmen sich vor Lachen, genauso wie die handverlesenen Journalistinnen. Ein typischer Trump.
Und das, während die Finanzmärkte und Hauptstädte dieser Welt Kopf stehen. Denn nur wenige Stunden zuvor hat Trump angekündigt, seine horrenden Zölle mehrheitlich auszusetzen – und den Kurs gegenüber China weiter zu verschärfen.
Ist der US-Präsident ein Stratege oder ein Geisterfahrer? Oder, um Mani Matter zu zitieren: Hat Trump «es Zündhölzli azündt» und die Kontrolle verloren? Die andere Möglichkeit: Er verfolgt einen Masterplan, den wir alle nicht verstehen.
«Trump selbst stellt es so dar, als sei das alles Teil eines grossen Pokerspiels, in dem er die bessere Hand hat», sagt Laura von Daniels, USA-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Das könnte aber ein Bluff sein. Trump könnte sich nämlich dem Druck der Finanzmärkte und Wirtschaftsbosse gefügt haben, die vor einem Totalschaden warnten.
Klar ist: Der Machtpoker geht weiter – und Trump gibt sich demonstrativ entspannt. So begründete er seine Zollkehrtwende damit, dass «die Leute etwas unruhig und ängstlich» geworden seien. «Die Leute» also – aber nicht er und seine Entourage im Weissen Haus.
Trump 2.0 ist aggressiver. Er meint es ernst mit seinen Zöllen. Sie sind nicht nur ein Verhandlungshebel.
Von Daniels glaubt jedoch, dass der Dealmaker zum Überzeugungstäter geworden ist. «Trump 2.0 ist aggressiver: Er meint es ernst mit seinen Zöllen, vor allem gegenüber China. Sie sind nicht nur ein Verhandlungshebel.» Trump sei getrieben davon, das «grosse Spiel der Weltwirtschaft» zu kontrollieren.
Das Prinzip Chaos?
Trump bricht nicht nur mit der «regelbasierten Weltordnung», wie dieser Tage allerorten zu lesen ist. Unter ihm ist auch «nichts mehr sicher, ausser die Unsicherheit», wie es der malaysische Handelsminister als Reaktion auf den Zollstopp ausdrückt.
Auch Remo Reginald, Experte für Geopolitik, hat Trumps Zollrückzieher zunächst irritiert. Für den Direktor des Swiss Institute for Global Affairs ist der amerikanische Präsident aber mehr als der Chaot, als der er gerne porträtiert wird.
Trump will definieren, worüber in der Welt gesprochen wird – und das erreicht er auf sehr clevere Weise.
Reginald erkennt strategische Elemente in Trumps Vorgehen: Bei den Zöllen und weiteren aufwiegelnden Ankündigungen seiner Administration gehe es auch darum, die «Informationsdominanz» zu erlangen: «Man soll im globalen Diskurs wieder über Amerika sprechen.»
Trump spricht, die Welt hört zu
Das hat Trump zweifelsfrei geschafft. «Er will definieren, worüber in der Welt gesprochen wird – und das erreicht er auf sehr clevere Weise», sagt Reginald.
Ob das reicht, damit das 21. Jahrhundert doch das amerikanische wird, sei dahingestellt. Fest steht: Wer mit einem Social-Media-Post die Welt in Aufruhr versetzen kann, hat einen Trumpf im globalen Machtpoker.
Und mit seinem Zollhammer hat Trump immerhin erreicht, dass eine Heerschar von Staats- und Regierungschefs mit ihm ins Geschäft kommen will. Was dem US-Präsidenten offenbar gefällt:
Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin kommentierte trocken: «Bei uns küsst man sich auf den Mund, nicht auf den Hintern.» Und lieferte für einmal eine Schlagzeile, die nicht Donald Trump gehört.