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Brachiales Vorgehen des Geheimdienstes schadet Russland
Aus Echo der Zeit vom 09.10.2018. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 34 Sekunden.

Russische Spione in Europa Mehr als eine Peinlichkeit für den Kreml

Auch der zweite Skripal-Attentäter ist als Spion entlarvt. Russland steht als Staat da, der Giftmörder ins Ausland schickt. Das brachiale Vorgehen seiner Geheimdienste schade Moskau mehr als es nütze, schreibt Korrespondent David Nauer.

Sie gaben sich als harmlose Touristen aus. Die Kathedrale im britischen Städtchen Salisbury hätten sie besichtigen wollen. Das erklärten die beiden Hauptverdächtigen im Giftanschlag auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal. Die Rechtfertigungs-Show am russischen Staatsfernsehen wirkte schon Mitte September unglaubwürdig.

Ruslan Boshirov und Alexander Petrov
Legende: Am 13. September präsentierte der kremlnahe Auslandssender RT die beiden Agenten als harmlose Salisbury-Touristen. Screenshot RT

Militärarzt «Sascha» Mischkin

Jetzt kann man fast mit Sicherheit sagen: Die beiden Russen haben gelogen. Russische und internationale Journalisten haben nun auch die Identität des zweiten Mannes aufgedeckt: Er heisst Alexander Mischkin, ist 39 Jahre alt und stammt aus einem Dorf im hohen Norden Russlands. Sein Beruf: Militärarzt. Sein Arbeitgeber: der Auslandsgeheimdienst der russischen Armee GRU.

Die Beweislage ist überzeugend, die Journalisten haben mit offenen Quellen gearbeitet, verfügen aber offenbar auch über Informanten innerhalb des Sicherheitsapparats. So publizierten Bellingcat und das russische Portal «The Insider» unter anderem eine Kopie des Passes von Alexander Mischkin. Zudem haben Einwohner von Mischkins Heimatdorf den Agenten auf Fotos erkannt. «Das ist ganz sicher Sascha», zitiert das Portal eine Dorfbewohnerin. Sascha ist der Kosename für Alexander.

Der vom Recherche-Portal Bellincat veröffentlichte Pass des Militärarztes Alexander Mischkin.
Legende: Der vom Recherche-Portal Bellincat veröffentlichte Pass des Militärarztes Alexander Mischkin. Keystone

Den anderen Verdächtigen von Salisbury haben die Bellingcat-Journalisten bereits früher enttarnt. Auch er ist ein Agent des russischen Armee-Geheimdienstes GRU. Damit fällt die ganze Verteidigungsstrategie des Kreml in sich zusammen. Offiziell hat Russland bisher stets jede Verantwortung für den Giftanschlag abgestritten.

Reges Agententreiben blieb nicht unerkannt

Und damit nicht genug: Zahlreiche andere Agenten Moskaus sind in den letzten Monaten aufgeflogen. Die Niederlande etwa gaben kürzlich bekannt, sie hätten vier russische Spione des Landes verwiesen. Die Männer wollten die Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag ausspionieren.

Auch die neutrale Schweiz ist ins Visier russischer Geheimdienste geraten. Das EDA berief mehrfach Moskaus Botschafter ein, um gegen die anhaltende russische Spionage zu protestieren.

Von wegen «Russophobie»

So unterschiedlich die Fälle sein mögen: Es sieht ganz danach aus, dass die russischen Dienste nicht nur heftig in Europa spionieren, sondern auch besonders dreist. Dreist ist auch der russische Umgang mit den Vorwürfen. Moskau mauert schlicht und einfach. Die Anschuldigungen werden stets nach dem gleichen Muster zurückgewiesen: Es gebe keine Beweise, das Ganze sei eine anti-russische Verschwörung. Von «Russophobie» ist die Rede.

Glaubwürdig sind diese Dementi nicht mehr. Russland steht als Staat da, der Giftmörder ins Ausland schickt. Als Staat auch, der internationale Organisationen ausspäht und selbst in neutralen Ländern wie der Schweiz mit unlauteren Methoden operiert. Der Kreml betont gerne, dass er die geopolitischen Interessen Russlands verteidige. Das brachiale Vorgehen seiner Geheimdienste jedoch schadet Russland mehr als dass es nützt.

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