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Rutte wird neuer Chef Ein neuer Kopf bei der Nato – aber nicht unbedingt ein neuer Wind

Mark Rutte hat von Jens Stoltenberg übernommen. Ton und Stil ändern sich – doch in der Substanz gibt es eher Nuancen.

Mark Rutte startet mit viel Rückenwind als neuer Chef des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato. Dem jahrelangen Chef von niederländischen Koalitionsregierungen wird zugetraut, Kompromisse zu schmieden und so die Nato-Allianz mit 32 Mitgliedstaaten zusammenzuhalten.

Moniert wurde nach seiner Wahl im Frühling lediglich, er sei schon der vierte Niederländer in diesem Amt. Wieder werde keine Frau Nato-Chefin und auch keine Person aus Osteuropa.

Europas Verteidigungsfähigkeit im Zentrum

Rutte unterscheidet sich von Vorgänger Jens Stoltenberg vor allem in seiner Art: Er ist entschieden leutseliger und weniger spröde. Inhaltlich steht Rutte aber für Kontinuität. Auch für ihn liegt die höchste Priorität bei der Verteidigungsfähigkeit Europas, wie er in seiner Antrittsrede in Brüssel klarmachte.

Anders als sein Vorgänger betonte Rutte jedoch weniger, welch grosse Schritte die Nato in den letzten Jahren bereits vorwärts getan habe als vielmehr, welcher Kraftakt noch nötig sei.

Ukraine unterstützen

Zweite Priorität ist für Rutte die Unterstützung der Ukraine. Er möchte dem immer stärker bedrängten Land erlauben, westliche Waffen mit grosser Reichweite gegen militärische Ziele in Russland einzusetzen.

Dabei weiss er sehr wohl, dass nicht zuletzt die Nato-Führungsmacht USA zögert, entsprechende Restriktionen aufzuheben. Weshalb er betont, nicht er könne das entscheiden, vielmehr nur die einzelnen Nato-Mitglieder.

Zwei Männer im Anzug schütteln sich die Hände.
Legende: Bei seinem Besuch 2019 im Weissen Haus verstand sich der damalige niederländische Premier Mark Rutte offensichtlich gut mit US-Präsident Donald Trump. Bei der Nato in Brüssel hofft man deshalb auf den guten Draht Ruttes, sollte Trump im November erneut zum US-Präsidenten gewählt werden. Keystone/Jim Lo Scalzo

Ruttes dritte Priorität ist der Ausbau von Partnerschaften – zunächst mit der EU, wo er anmahnt, sicherheitspolitische Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Aber auch Kooperationen im Nahen Osten und vor allem im indopazifischen Raum hat er im Visier. Scharf kritisiert Rutte die chinesische Unterstützung für Russlands Aggression in der Ukraine.

Grosse Unsicherheiten bezüglich den USA

Gross sind die Herausforderungen für den neuen Nato-Chef nicht nur von ausserhalb, sondern ebenso jene von innerhalb der Allianz. Die Front der Ukraine-Unterstützer bröckelt nämlich immer stärker. Und ob die Ukraine Russland trotzdem militärisch standhält, ist zunehmend ungewiss.

Sollte im November Donald Trump – weder ein Freund der Nato noch der Ukraine – erneut zum US-Präsidenten gewählt werden, wird es zumindest mühsam für das westliche Bündnis – und richtiggehend dramatisch für die Ukraine. Rutte betont zwar, er habe zu Kamala Harris und zu Trump einen guten Draht.

Zugleich räumt er aber auch ein, es sei anspruchsvoll, die Einigkeit in der Allianz aufrechtzuerhalten. Damit meint Rutte nicht zuletzt, das langfristige Engagement der USA abzusichern.

Mark Rutte tritt einen der weltpolitisch wichtigsten Posten in schwierigen Zeiten an.

Krieg in der Ukraine

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Echo der Zeit, 1.10.2024, 18:00 Uhr

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