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Grossbritannien: Labour-Partei kündigt Steuererhöhungen an
Aus Echo der Zeit vom 30.10.2024. Bild: EPA/TOLGA AKMEN
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«Schwarzes Loch» im Haushalt Britische Schatzkanzlerin kündigt massive Steuererhöhungen an

Der Finanzplan der neuen Labour-Regierung ist nicht nur historisch, sondern auch schmerzhaft.

Grossbritannien erlebte heute gleich zweifach einen besonderen Moment. Mit Schatzkanzlerin Rachel Reeves hat erstmals eine Frau den berühmten roten Koffer mit dem Finanzplan der britischen Regierung  ins Parlament getragen. Und verkündete dabei Steuererhöhungen, wie sie das Vereinigte Königreich in der modernen Geschichte noch nie gesehen hat.

Die Hiobsbotschaft kam nicht aus heiterem Himmel. Bereits seit Tagen versuchte Premierminister Keir Starmer, das Publikum vorauseilend zu besänftigen.

Man kann den Schimmel im Haus mit Farbe überstreichen. Oder man entfernt das kaputte Mauerwerk und erstellt ein neues Fundament für die Zukunft.
Autor: Keir Starmer Premierminister von Grossbritannien

Niemand wünsche sich höhere Steuern, aber alle die in einem Haus wohnten, das von Schimmel befallen sei, wüssten, dass es in einem solchen Fall zwei Möglichkeiten gebe: «Den Schimmel mit Farbe überstreichen. Oder man entfernt das kaputte Mauerwerk und erstellt ein neues Fundament für die Zukunft», umschrieb Starmer das Vorgehen seiner Regierung. «Wir sanieren unsere Finanzen, damit wir den Wiederaufbau unseres Landes finanzieren können.»

Die Notwendigkeit des Wiederaufbaus ist unbestritten. Mit riesigen Summen sollen der marode, staatliche Gesundheitsdienst, zerbröckelnde Schulhäuser und überfüllte Gefängnisse saniert werden.

Rachel Reeves mit dem berühmten roten Koffer.
Legende: Nach Jahren der Misswirtschaft der konservativen Regierung seien Steuererhöhungen unvermeidlich, um das Fundament des Landes zu reparieren, sagte Reeves. Keystone/EPA/Tolga Akmen

An Dramatik liess es Reeves dabei nicht fehlen. Man habe in Downing Street nicht eine leere Staatskasse angetroffen, sondern ein riesiges schwarzes Loch. Gefüllt wird dieses nun mit Schulden, Sparmassnahmen und Steuern.

Viele Zahlen, viele Widersprüche

Arbeitgeber müssen für ihre Angestellten künftig höhere Sozial­versicherungs­abgaben bezahlen, Einkommen und Vermögenswerte im Ausland, die bisher von Steuern befreit waren, werden in Zukunft in Grossbritannien besteuert, Kapitalgewinnsteuern steigen. Neue Steuern werden auf Flügen mit Privatjets erhoben und Privatschulen sind künftig mehrwertsteuerpflichtig.

Die Finanzministerin jonglierte im Parlament nicht nur mit vielen Zahlen, sondern auch mit Widersprüchen. Denn ihre Steuererhöhungen kollidieren mit einem der grossen Wahlversprechen von Labour. Noch im Sommer versicherte Starmer der Wählerschaft: keine Steuererhöhungen für «working people».

Doch selbst, wenn nur Arbeitgeber höhere Sozialversicherungsbeiträge für ihre Angestellten bezahlen müssen, würden das am Ende alle zu spüren bekommen, erklärt Paul Johnson, der Direktor des Instituts für Steuerpolitik, gegenüber der BBC: «Wir wissen aufgrund unserer Untersuchungen, dass eine Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherung auch Auswirkungen auf die Angestellten hat.» Die Abgaben führten zu Mehrkosten, die irgendwo eingespart werden müssten: «Es gibt weniger Lohnerhöhungen und es werden weniger Leute eingestellt.»

Starmer im Wahlkampf
Legende: Im Wahlkampf hatte Labour versprochen, es werde keine Steuererhöhungen geben – zumindest nicht für die arbeitende Bevölkerung. Wobei nie ganz klar war, wer damit gemeint war. Keystone/AP/Jon Super

Zu spüren bekommen die Britinnen und Briten auch die geplanten Sparmassnahmen. Eine Kürzung der staatlichen Subventionen für Busbetriebe beispielsweise tönt auf den ersten Blick nebensächlich. Doch Busse sind in Grossbritannien in ländlichen Gebieten immer noch das häufigste öffentliche Verkehrsmittel. Wenn die Tarife nun um einen Drittel steigen, hat das für «working people» durchaus Folgen. 

Menschen warten an Bushaltestelle in der Gemeinde Tamworth.
Legende: Verbilligte Bustarife entscheiden bei vielen Leuten, ob sie es sich leisten können, in die Stadt zu fahren oder nicht. Oder zu einem Arzt zu gehen oder nicht. Getty Images/Christopher Furlong

Es ist nur eine von 497 Massnahmen, mit denen das schwarze Loch in der Staatskasse gefüllt werden soll. Bis sich der Staub gelegt hat und sich die Folgen dieses Budgets im Alltag manifestieren, wird es noch einige Tage dauern. Ab eines ist bereits klar: Der neue Finanzplan der britischen Regierung ist nicht nur historisch, sondern auch schmerzhaft.

Echo der Zeit, 30.10.2024, 18 Uhr

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